Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

320 Feldzug der Mainarmee. 
zurückgegangen; die Vertheidiger Kissingens dagegen rückten, 
um sich nicht einem feindlichen Stoß in ihre Flanke aus- 
zusetzen, weiter ostwärts über Lauringen nach Haßfurt, und 
dachten, von dort auf dem linken Mainufer wieder nach 
Schweinfurt zu gelangen. Ein rascher und kräftiger Angriff 
auf Schweinfurt hätte also die Aussicht auf völlige Zer- 
sprengung der bayerischen Armee gegeben. Auch hatte 
Falckenstein am Abend des 10. Juli aus dem großen Haupt- 
quartier ein Telegramm als Antwort auf frühere Anfrage 
erhalten, in welchem wiederholt Gewicht auf einen Sieg über 
die Bayern gelegt wurde. Die Länder nördlich des Mains, 
hieß es, fallen uns zu, ohne daß wir hineingehen. Falcken- 
stein telegraphirte sofort kurzen Bericht über die heute er- 
rungenen Vortheile zurück, und schloß mit den Worten: 
morgen Vormarsch auf Schweinfurt. Er befahl, da bisher 
Göben der stete Vorkämpfer des Heeres gewesen, Manteuffel 
an die Spitze, und Beyer zur nächsten Unterstützung desselben. 
Da man aber in völliger Ungewißheit Über die Marschlinien 
der bayerischen Truppen war, so vergingen die Stunden des 
Vormittags am 11. über vorläufigen Recognoscirungen, und 
als Manteuffel sich eben zum Angriff auf Schweinfurt in 
Bewegung gesetzt hatte, erschien zur Rettung der Bayern ein 
deus ex machina, jenes oben bereits erwähnte, durch Bis- 
marck veranlaßte Telegramm vom 9. Juli. Zwar konnte die 
chiffrirte Depesche nur theilweise entziffert werden; jedoch 
schien der Schlußsatz: „factische Occeupation .. .Länder nörd- 
lich des Mains für voraussichtliche Verhandlung auf status 
quo jetzt politisch wichtig“ jeden Zweifel auszuschließen. Es 
war der Befehl, Oberhessen, Frankfurt, Nassau so rasch wie 
möglich in Besitz zu nehmen, und damit trotz aller Gebote
	        
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