Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Die Fruge eines Indemnitätsgesetzes. 343 
so viel und nicht mehr. Niemals hat ein Siegesrausch die 
Klarheit seines Urtheils getrübt oder seine feste Mäßigung 
überwältigt. Wie auf dem Schlachtfelde von Königgrätz sein 
erster Gedanke die Herstellung der alten Freundschaft mit 
Osterreich war, so antwortete er aus Horschitz dem Finanz= 
minister von der Heydt auf den Vorschlag, nach dem günstigen 
Ausfall der Landtagswahlen Schritte zur Beendigung des 
Verfassungsstreits zu thun, mit herzlicher Zustimmung. Der 
Blick auf Frankreich bestärkte seine Überzeugung in beiden 
Richtungen: hinter dem Abschluß des jetzigen Kriegs sah er 
weitere Gefahren emporwachsen, welchen er Preußen, und 
hoffentlich ganz Deutschland, in gesunder Einigkeit entgegen 
zu stellen wünschte. 
Dem mächtigen Staatsmanne war übrigens auch hier 
keine mühelose Erreichung seines Zweckes bestimmt. Sein 
Gedanke ging seit der Entscheidung des Kriegs dahin, von 
dem neuen Landtag Indemnität für die budgetlose Finanz- 
verwaltung der letzten Jahre zu begehren, und dies gleich 
bei der Eröffnung durch die königliche Thronrede anzu- 
kündigen. Am 18. Juli erschien die königliche Verordnung, 
welche den Landtag auf den 30. nach Berlin berief, und 
an demselben Tage begann im Staatsministerium die Be- 
rathung der Thronrede. Aber als hier der Finanzminister 
den ihn angehenden Theil derselben verlas, und am Schlusse 
die Vorlage eines Indemnitätsgesetzes verhieß, da erhob sich 
lebhafter Widerspruch bei der großen Mehrzahl der Collegen. 
Sie hatten vier Jahre hindurch stets behauptet, daß das 
Verfahren der Regierung vollkommen verfassungsmäßig sei 
und mithin keiner Indemnität bedürfe; eine solche jetzt ver- 
langen, bedeute also das Eingeständniß, daß die Regierung
	        
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