Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

344 Erlõschen des preußischen Verjassungsstreits. 
in dem vierjährigen Kampfe Unrecht gehabt, und die Anklagen 
der Opposition vollkommen begründet gewesen; bei der sieg- 
reichen Stellung der Regierung fanden sie schlechterdings 
keinen Grund zu einer lolchen Demüthigung, sondern hofften 
jetzt auf leichte Bändigung der halsstarrigen Opposition. Diese 
Erörterungen setzten sich den 19. Juli fort. Von der Heydt's 
Auffassung wurde dabei nur noch von dem Baron Werther, 
dem bisherigen Gesandten in Wien, unterstützt, welcher zur 
Zeit als Bismarck's Stellvertreter die Geschäfte des aus- 
wärtigen Amtes in Berlin leitete, und jetzt nach der Sitzung 
von Eulenburg freundlich darauf angesprochen wurde, daß er 
sich ja recht entschieden den Standpunkt der Fortschrittspartei 
angeeignet habe. Auf den König machte der Bericht doch 
einen tiefen Eindruck, indessen gelang es Bismarck, die Be- 
sorgnisse des Monarchen zu beschwichtigen. „Wie ist es möglich, 
sagte er, in dem Antrage auf Indemnität ein reumüthiges 
Sündenbekenntniß zu sehen? Gerade das Gegentheil ist der 
Fall. Wenn wir Indemnität beantragen, fordern wir den 
Landtag zu der Erklärung auf, daß wir Recht gethan, indem 
wir handelten, wie geschehen. Bisher hat das Haus der 
Abgeordneten uns bestritten, daß wir durch zwingende Gründe 
zu diesem Verfahren genöthigt gewesen: wenn es uns heute 
Indemnität bewilligt, so liegt darin sein Eingeständniß, daß 
man früher jene Gründe nicht begriffen oder nicht gewürdigt 
habe, jetzt aber sie anerkenne und deshalb dem Vorgehen 
des Ministeriums nachträglich Zustimmung ertheile. Wie 
darin eine Demüthigung der Regierung liegen soll, ist nicht 
abzusehen.“ Der König, der ebenso wie sein Minister den 
innern Frieden wünschte, ließ sich endlich überzeugen; der be- 
treffende Satz der Thronrede wurde genehmigt, die Befugniß
	        
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