Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Widerspruch im Ministerium. Entscheidung des Königs. 345 
und Verpflichtung der Regierung zu budgetlosem Regimente, 
wenn ein Etatsgesetz nicht zu Stande komme, nach wie vor 
behauptet, zugleich aber auch die Regelwidrigkeit eines solchen 
Zustandes und die Nothwendigkeit eines allseitig genehmigten 
Etatsgesetzes anerkannt. Jedoch der Widerstand im Staats- 
ministerium dauerte fort. In der Sitzung vom 28. Juli 
erhob sich namentlich Graf Lippe in lebhafter Entrüstung 
gegen das Indemnitätsgesuch: dies stelle die Minister als 
Verbrecher hin, welche um Begnadigung bettelten. Der 
Finanzminister erwiderte, daß das bisherige Verhalten der 
Minister durch das Gesuch nicht im Mindesten verläugnet 
werde; es bleibe völlig correct und pflichtmäßig, aber ebenso 
bleibe wahr, daß nur ein mit dem Landtage vereinbartes 
Budget ein gesetzmäßiges, und folglich eine nachträgliche Zu- 
stimmung des Landtags erforderlich sei. Er schrieb darauf 
an Bismarck, daß die Allerhöchste Entschließung in dieser 
Frage für seine Stellung als Finanzminister entscheidend sein 
würde; er müsse an dem Princip festhalten, wie unbequem er 
auch den Herren dadurch werden möge. Bismarck stand ihm 
mit unerschütterlicher Festigkeit zur Seite. Die Eröffnung 
des Landtags mußte hinausgeschoben werden, aber am 
3. August brachte Bismarck in Prag, wohin er dem Könige 
nachgereist war, bei diesem die Redaction der Thronrede zum 
Abschluß. Den Satz über die Indemnität schrieb er selbst 
nieder, nach Randbemerkungen des Königs zu dem Entwurf. 
Dann sandte er die Urkunde mit der ausdrücklichen Bemerkung 
nach Berlin, daß der König weitere Verhandlung darüber 
nicht verstatte; seiner Gemahlin aber schrieb er: mit den 
Feinden wird man fertig, aber die Freunde! Sie tragen fast 
Alle Scheuklappen und sehen nur einen Fleck von der Welt.
	        
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