Eröffnung des preußischen Landtags. 355
möglich gewesen, ohne außerordentliche Belastung des Volkes
den gewaltigen Krieg zu glorreichem Abschluß zu führen.
Allerdings habe in den letzten Jahren eine Vereinbarung
über das Etatsgesetz nicht erreicht werden können; die damals
geleisteten Staatsausgaben entbehren also der gesetzlichen
Grundlage, welche der Staatshaushalt, wie wiederholt an-
erkannt werde, nur durch das zwischen Regierung und Volks-
vertretung alljährlich zu vereinbarende Gesetz erhält. In
dieser Lage habe sich die Regierung gezwungen gesehen, ohne
ein solches Gesetz die für die Erhaltung des Staates uner-
läßlichen Zahlungen zu leisten; ihr Verfahren sei eine der
unabweisbaren Nothwendigkeiten gewesen, denen sich eine
Regierung im Interesse des Landes nicht entziehen kann und
darf. Es sei aber zu hoffen, daß in Folge der neuesten Er-
eignisse der Regierung die zu beantragende Indemnität bereit-
willig ertheilt, und damit der bisherige Conflict für alle Zeit
um so sicherer zum Abschluß gebracht werde, als erwartet
werden dürfe, daß die politische Lage des Vaterlandes eine
Erweiterung der Grenzen des Staats und die Einrichtung
eines einheitlichen Bundesheeres unter Preußens Führung
gestatten werde.
Hatte schon früher der würdige Inhalt und der warme
Ton der Rede vielfachen Ausdruck der Zustimmung bei
den Hörern veranlaßt, so brach hier bei der unendlichen
Mehrheit der Anwesenden die innere, erquickende Befreiung
in lautem, wiederholtem Beifall hervor. Also kein Staats-
streich, kein Verfassungssturz! Der innere Friede in nahe
Aussicht gestellt, nicht durch militärisches Machtgebot, sondern
mit der Bezeichnung eines einfachen Vergleichs, auf Seiten
der Abgeordneten Anerkennung ihres jetzt zweiselosen Irr-