Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

360 Französische und russische Elnwirkung. 
Werfen wir noch einmal einen Blick auf das Benehmen 
Napoleon's seit dem Beginne der deutschen Verwicklungen 
zurück. 
Von jeher hatte er gutes Vernehmen mit Preußen ge- 
wünscht, die Unterjochung Norddeutschlands für den schlimmsten 
Fehler in der Politik seines Oheims erklärt, seinerseits den 
Zwist zwischen Preußen und Osterreich wesentlich um Venetiens 
willen befördert. Noch im Frühling 1866 hatte er mehr- 
mals gesagt, er wolle sich mit keinem deutschen Venetien 
belasten. Dann aber wirkte auf ihn der Sturm, welchen 
Thiers im Parlamente gegen ihn und die deutsche Einheit 
entfesselte, der Verdruß, daß Bismarck nicht einmal durch eine 
kleine Grenzberichtigung ihm zur Beruhigung Frankreichs helfen 
wollte; so schloß er, von allen Seiten gedrängt, mit Oster- 
reich den unseligen Vertrag vom 12. Juni. Der Donner 
von Königgrätz hatte ihm dann wieder die Verwerflichkeit 
dieser Politik mit einem Schlage klar gemacht. Am 11. Juli 
wies er jeden Gedanken an Annexionen zurück; zuletzt ist es 
am Besten, sagte er, wenn Frankreich nichts begehrt. Es 
war ohne Zweifel die innerste Überzeugung seines Herzens, 
die er hier aussprach: „es wäre ein elender Gewinn, ein 
kleiner Landstreifen, welcher mir den nationalen Zorn und 
Haß von ganz Deutschland erweckte.“ Es war die Conse- 
quenz seiner ganzen Politik seit 1859, der Unterstützung der 
zur Einheit aufstrebenden Nationalitäten, und daneben der 
längst von ihm erstrebten Annäherung an Preußen. Wäre 
er darin fest geblieben, wie viel Jammer und Blut hätte er 
sich und seinem Volke erspart! Leider aber stand er mit 
diesen Anschauungen völlig allein in Paris: dort waren alle 
Parteien einig in der Forderung, entweder müsse man Preußens
	        
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