Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Alle französischen Parteien sind einig darin. 363 
sondern nur aus der Gewohnheit der seit Ludwig XIV. über- 
lieferten Anschauungen erklären. 
Wie dem aber auch sein möge, Rouher und Drouyn 
de Lhuys wetteiferten jetzt, dem Kaiser die Nothwendigkeit 
französischer Annexionen tagtäglich einzuschärfen. Als Ver- 
mittler habe er nicht damit hervortreten können; jetzt habe 
diese Rücksicht aufgehört, und es sei Hand au's Werk zu 
legen. Der Kaiser zeigte sich nicht sehr eifrig, auf diese An- 
träge einzugehen; da wies man auf die Stimmung der Presse, 
der Kammern und, was besonders Eindruck machte, der Armee 
hin, auf die allgemeine Erbitterung, welche der Dynastie ge- 
fährlich werden würde, wenn Frankreich das Spiel mit leeren 
Händen aufgäbe. Rouher erklärte dann, ganz wie Drouyn 
de Lhuys am 4. Juli, die Sache für unbedenklich und leicht 
erreichbar. Er erinnerte an Bismarck's Außerungen vom 
Anfang Juni, gegen Govone und Benedetti, daß er persön- 
lich sich schon herbeilassen würde, ein Stück Rheinland, an 
der Mosel, abzutreten; freilich hatte er hinzugesetzt, daß der 
König ganz unerschütterlich in diesem Punkte sei. Aber um 
so entgegenkommender zeigte sich in neuerer Zeit Graf Goltz, 
erklärte unumwunden Frankreichs Anspruch im Princip für 
gerechtfertigt, ließ also das beste Ergebniß einer gut geführten 
Unterhandlung erwarten. Leider erzählte Goltz den franzö- 
sischen Ministern nicht, daß er persönlich zwar zu Abtretungen 
bereit sei, daß er aber jeder Vollmacht dazu entbehre, und 
auf alle Andeutungen solcher Art aus Berlin keine Antwort 
erhalte. 
Auf den niemals fest entschlossenen, zur Zeit noch dazu 
erkrankten Kaiser machte das stete Bohren und Drängen seiner 
Getreuen immerhin Eindruck. Er kam nicht gerade zu dem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.