372 Französische und russische Einwirkung.
das österreichische Gebiet geräumt hätten. Natürlich ging aus
Florenz sofort ein Telegramm nach Berlin mit dem Antrag
auf bundesgemäße Unterstützung, und gleich darauf meldete
Golgz, daß Napoleon wegen dieser Wirren seine Cur in Vichy
unterbreche und nach Paris zurückeile. Was Bismarck so lange
und so glücklich bisher zu verhüten gewußt, ein gleichzeitiger
Krieg mit Frankreich und OÖsterreich, das erschien jetzt als
nahe herandrohende Gefahr. Wenn Italien nicht hinter die
venetianische Grenze zurückging, wenn gleichzeitig Preußen
das Rheinland nicht den Franzosen abtrat, wie nahe lag
dann ein thätiges Zusammenschließen der beiden Kaiserhöfe?
Bismarck's Gedanken streiften an die Frage, ob man Italien
zumuthen könne, der groben Forderung des Gegners nachzu-
geben? und vollends, ob im Fall des dortigen Bruchs Preußen
ebenfalls zu den Waffen greifen dürfe, auch auf die Gefahr
einer französischen Kriegserklärung? über solche Dinge aber war
vor Allen Moltke zu hören. Der General reichte am 8. August
zwei Denkschriften ein und führte darin aus, offenbar sei es
wichtig, mit Osterreich den definitiven Frieden schleunig abzu-
schließen und damit freie Hand nach Osten und nach Westen zu
gewinnen. Dann sei Frankreich nicht zu fürchten; es würde
nicht schwer sein, gegen Napoleon's Begehren rheinisches Landes
das Bündniß der süddeutschen Staaten zu erlangen. UÜberhaupt
sei die Lage für einen französischen Krieg gegen Deutschland
zur Zeit so wenig günstig, daß Napoleon ohne ein Bündniß
mit Ssterreich ihn schwerlich wagen würde. Nun aber der
andere Fall: Osterreich und Frankreich wären verbündet, wie
ständen wir dann? Moltke entwickelte, daß dann die Hälfte
der österreichischen Armee wieder gegen Italien beschäftigt
sein würde; gegen die andere Hälfte würden vier Armeerorps