Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Frieden mit Bayern. 395 
Diese Hindeutung auf Rußlands damalige orientalische 
Wünsche war nicht mißzuverstehen. Nach allem Voraus- 
gegangenen konnte man hienach auf die ungetrübte Bewahrung 
des alten Einvernehmens mit der nordischen Macht rechnen, 
eine um so erwünschtere und wichtigere Thatsache, als in 
diesem Augenblicke neue und schwere Verwicklungen sowohl 
von Wien als von Paris her zu drohen schienen. Wir 
werden sehr bald davon näher zu reden haben, wollen aber 
vorher kurz über den Abschluß mit Bayern und Darnstadt 
berichten. · 
Mit dem Entschlusse Preußens, der Annexion Ober- 
hessens zu entsagen, verschwand zunächst aus der Reihe der 
an Bayern zu stellenden Forderungen die Rheinpfalz. In- 
dessen fand Pfordten die noch aufrecht erhaltenen Begehren, 
der Abtretung von halb Oberfranken und einer Contribution 
von 30 Millionen Gulden, immer so erdrückend, daß er am 
19. August, nachdem er in Berlin einige Gegenforderungen 
eingereicht hatte, trotz seines neulichen Gesprächs mit Bis- 
marck den bayerischen Gesandten in Paris beauftragte, noch 
einmal eine diplomatische Unterstützung bei Drouyn de Lhuys 
zu erbitten. Dieser gab darauf am 21. eine entsprechende 
telegraphische Weisung an Benedetti; als dieselbe aber an 
den Botschafter gelangte, fand dieser bereits die Lage völlig 
verwandelt. Bismarck war von Anfang an, wie bei der öster- 
reichischen, so auch bei der bayerischen Unterhandlung Gegner 
der königlichen Wünsche auf Landerwerb gewesen, weil er 
davon, zum Schaden von Deutschlands Zukunft, eine bleibende 
Verbitterung in München gegen Preußen befürchtete. Er hatte 
diesen Gesichtspunkt mehrmals, bisher jedoch ohne Erfolg, bei 
dem Könige zur Sprache gebracht. Als jetzt aber die Unter-
	        
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