Streitfragen zwischen Osterreich und Italien. 401
und der italienischen Bestrebungen auf die Prager Verhand-
lung vom ersten Tage an eingewirkt. Wie wir sahen, hatte
Bismarck bei den Streitigkeiten über den italienischen Waffen-
stillstand nach Florenz den Rath gesandt, sich unmittelbar an
dem Prager Friedenswerk zu betheiligen: Visconti Venosta
war dazu bereit, Baron Brenner aber lehnte es unbe-
dingt ab, da Osterreich mit Italien eine Menge besonderer
Fragen zu verhandeln habe, welche vollständig außerhalb
des Bereichs der preußischen Interessen lägen, und für deren
Erledigung Osterreich der französischen Mitwirkung bedürfe.
Hierauf erklärte Freiherr Werther, dann müsse Preußen,
seiner Bundespflicht gemäß, jedesfalls auch in seinen Frieden,
wie bei den Präliminarien, die Aufnahme eines Artikels
fordern, worin Osterreich formell seine Zustimmung zu dem
Eintritte Venetiens in das Königreich Italien ausspreche.
Da entbrannte nun sofort der Streit. Der Florentiner Hof be-
gehrte, die Abtretung müsse unmittelbar an den König von
Italien, welcher dadurch als solcher von Osterreich anerkannt
werde, erfolgen, und zwar auf Grund einer Abstimmung der
venetianischen Bevölkerung. Osterreich, welches durch die
Anerkennung des Königs von Italien seine vertriebenen Erz-
herzoge, und durch jene der Volksabstimmung seine höchsten
Grundsätze Preis gegeben hätte, wies die italienische Forderung.
scharf zurück und erklärte, man habe Venetien dem Kaiser
Napoleon abgetreten und werde jeder Verfügung desselben
Über das Land zustimmen. Um diesen Standpunkt unwider-
ruflich zu erhärten, hatte Graf Mensdorff gleich nach dem
Abschluß in Nikolsburg mit dem Herzog Gramont eine Unter-
handlung eröffnet, um die Abtretung durch einen förmlichen
Vertrag festzustellen und zu regeln. Von einer Fortdauer der
v. Sybel, Vegründung d. deutschen Reiches. V. 26