Bismarck's dilatorisches Versahren. 407
keit einer deutschen Landabtretung aus's Neue. Dann aber,
in dem lebhaften Wunsche, vor dem Abschlusse des öster-
reichischen Friedens einen offenen Bruch zu vermeiden, ließ
er sich scheinbar rückhaltlos und ausführlich auf eine Be-
sprechung der übrigen Artikel der französischen Entwürfe ein,
welche sich an zwei folgenden Tagen unter beiderseitiger
Freundlichkeit fortsetzte. Bismarck machte eventuelle Anderungs-
vorschläge, bemerkte, daß der König ohne bestimmte Vortheile
Preußens gewiß das Ganze ablehnen würde, wünschte die
Abrede über Lupemburg mit jener über Belgien in einem
geheimen Vertrag zu vereinigen. Genug, Benedetti faßte
Hoffnung, mit einigen Zusätzen und Verbesserungen würde
die Abkunft zu glücklichem Schlusse gelangen.
Aber von gründlich anderer Gesinnung und Erregung
war Bismarck erfüllt. Mit der größten Schnelligkeit ergriff
er die Maaßregeln, um möglichst jeder Gefahr auf jeder
Seite vorzubeugen. Es hatte sich glücklich getroffen, daß er
an demselben Tage unmittelbar vor Benedetti's Mittheilung
Frieden und Bündniß mit Bayern gesichert hatte. Sofort
erging dann der Befehl an die Mainarmee und das zweite
Reservecorps, Süddeutschland zu räumen, und in raschen
Merschen sich bei Hof und Eger zu sammeln, um für den
Fall, daß Osterreich den Friedensschluß noch hinausziehe, mit
den übrigen Armeen gegen Wien zusammen zu wirken. Er
durfte hoffen, wenn er mit Benedetti dilatorisch weiter ver-
handelte — der Ausdruck ist durch ihn berühmt geworden —
und zwar nichts verspräche, aber doch Aussichten eröffnete, da-
durch Frankreich einstweilen von der Theilnahme an dem Kriege
sern zu halten, und dann mit Osterreich in kurzer Zeit fertig
zu werden. Andrerseits telegraphirte er aber nach Petersburg