Unterzelchnung des Prager Friedens. 409
fahren rief in Wien eine lebhafte Entrüstung hervor, und
Mensdorff antwortete sogleich am 19. mit dem Gegenantrag:
ein billiger Theil der österreichischen Staatsschuld haftet an
dem Besitz des Landes, und wird für Venetien durch einen
österreichischen und einen französischen Commissar festgestellt
werden. Hier griff nun Bismarck ein, um dem Wiener Hof
auf's Neue in Erinnerung zu bringen, daß es vortheilhafter
für ihn sei, direct mit Preußen, ohne französische Theilnahme,
zu verhandeln. Er ließ folgende Fassung vorlegen: Italien
übernimmt diejenigen Schulden, welche nach dem Vorgange
des Züricher Vertrags als auf Venetien haftend anerkannt
werden; es wird darüber der Schiedsspruch einer neutralen
Macht (England oder Rußland) entscheiden. Dieser Vorschlag
hatte in Wien auf der Stelle seine volle Wirkung. Zwar
wollte man durch die Annahme fremder Schiedsrichter Frank-
reich nicht positiv verletzen, sondern blieb in dieser Beziehung
bei der am 19. geäußerten Absicht. Den sonstigen Text
aber des preußischen Vorschlags nahm man an, weil durch
die Aufnahme der Worte „anerkannt werden" die Möglich-
keit weiterer Verhandlungen offen blieb, und da alle übrigen,
in Prag besprochenen Punkte längst bereinigt waren, so
konnte dort am 23. August die Unterzeichnung des definitiven
Friedens erfolgen. Ein großer Kampf, ruhmvoll für Preußen,
fruchtbar für Deutschland, folgenreich für Europa und die
Welt, war damit zum Abschlusse gekommen. Was man bis
dahin die deutsche Frage genannt hatte, das Ringen der
beiden Großmächte um die Leitung der übrigen deutschen
Staaten, war erledigt. Das außerösterreichische Deutschland
war rechtlich oder thatsächlich unter Preußens Führung ge-
einigt. Es war begreiflich, daß für den Augenblick dies