412 Die Friedensschlüsse.
Bernstorff am 5. September weiter: Lord Clarendon sagt
mir in seiner gereizten Weise, Preußen habe Napoleon ge-
rathen, seine Compensationen in Belgien zu suchen, Napolcon
aber habe solche Vorschläge mit sittlicher Entrüstung zurück-
gewiesen. Es scheint, setzte Bernstorff hinzu, daß Napoleon,
um sich hier zu empfehlen, Nachrichten dieser Art hat aus-
streuen lassen. Jedesfalls wurde die in Paris gewünschte
Wirkung verfehlt. Am 19. September schrieb Baron Brunnow
an Gortschakoff: Belgien ist in Sorge wegen seiner Inte-
grität; Napoleon hat darüber in London die besten Zu-
sicherungen gegeben: aber wer glaubt daran?
So wartete denn Benedetti in Karlsbad vergeblich auf
ein Berliner Telegramm über den Abschluß des Vertrags.
Es war für die französische Regierung recht sehr empfindlich;
immer aber gab sie die Hoffnung auf Preußens guten Willen
noch nicht völlig auf. Gerade in diesem Augenblick trat
Preußens entschiedenster Gegner, Drouyn de Lhuys, definitiv
von den Geschäften zurück, und erhielt den Marquis Moustier,
früher Botschafter in Berlin, zur Zeit in Constantinopel, zum
Nachfolger. Bis zur Ankunft desselben verwaltete das aus-
wärtige Amt der Minister des Innern, Marquis Lavalette,
der, wie wir wissen, stets der Meinung gewesen war, lieber
durch Freundlichkeit als durch Drohung auf Preußen zu
wirken, und jetzt um so mehr daran festhielt, als der Friedens-
schluß zwischen Osterreich und Italien noch immer Schwierig=
keiten zeigte. Unter diesen Umständen entschloß sich Napoleon,
einmal seine innerste persönliche Auffassung der Lage, unbeirrt
durch Drouyn de Lhuys und Thiers und Eugenie, seinem
Volke auszusprechen, und damit vielleicht die gereizte und
grollende öffentliche Meinung zu bekehren. So entstand das