Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Principien des Rundschreibens. 415 
seine eben verkündeten Grundsätze folgerichtig durchzuführen, 
so hätte kein sachliches Hinderniß gegen die von ihm ge- 
wünschte französisch-preußische Allianz bestanden, so wäre dem 
Herzog Gramont und Genossen die Entflammung des Krieges 
von 1870 unmöglich geworden, so ständen sich die beiden 
großen Nationen nicht bis an die Zähne gewaffnet gegenüber, 
und das deutsche Elsaß wäre heute noch französisch. Denn 
völlig grundlos und gehässig bis zur Lächerlichkeit ist die 
Verdächtigung, daß Bismarck im Jahre 1866 an die Schmäa- 
lerung der französischen Grenzen gedacht habe. Er wäre zu- 
frieden gewesen, wenn Napoleon den Worten seines Rund- 
schreibens nachgelebt, wenn er, wie Rußland und England, 
die nationale Einheit Deutschlands und Italiens sich ohne 
bevormundende und eigennützige Einmischung hätte vollenden 
lassen. Thiers hätte das eine kosmopolitische, anstatt einer 
französischen Politik genannt: in Wahrheit wäre es die Pflege 
der echtesten Interessen des französischen Volkes gewesen, der 
Interessen, die es mit ganz Europa gemein hat, und die eben 
deshalb durch die Blüthe seiner Nachbarn selbst zu weiterer 
Blüthe gefördert werden. Nicht der kosmopolitische Zug in 
der Politik Napoleon's hat Frankreich geschadet, sondern die 
Inconsequenz, womit er in falscher Nachgiebigkeit gegen die 
altfranzösischen Traditionen stets an den entscheidenden 
Punkten seine eigenen Gedanken verfälscht, Deutschland durch 
die Ziehung der Mainlinie, Italien durch die Vorenthaltung 
Roms erbittert und dennoch nicht aufgehört hat, in den 
Augen Österreichs und der römischen Curie als der Urheber 
ihrer Verluste zu erscheinen. 
Das Rundschreiben des 16. Septembers selbst zeigt diese 
unsicherheit des Standpunktes in seinen Schlußsätzen. Nach-
	        
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