Die Partelen im Lande und im Landtage. 421
gewachsen, aber doch eben nur zur kleineren, so daß sie auch
verbunden mit dem Reste der altliberalen Fraction, zur Ent-
scheidung nicht stark genug war. Alles hing ab von der
Unterstützung der national gesinnten Elemente in den beiden
großen Parteien des linken Centrums und des Fortschritts,
und diese versagten zwar nicht leicht in den entscheidenden
Momenten, hielten aber im Einzelnen sehr bestimmt ihre
eigne Straße und stellten mit festem Nachdruck ihre Be-
dingungen. Da nun die weiter links stehenden Gruppen, und
neben ihnen die katholische und die polnische Fraction, mit
großem Eifer in der Opposition beharrten, so zogen sich meist
die Verhandlungen weit in die Länge, die Verbesserungs-
Anträge und -Unteranträge wurden zahlreich, und wer etwa
nach der begeisterten Stimmung bei der Thronrede auf rasche
und freudige Annahme der Regierungsvorlage gehofft hatte,
fand sich gründlich enttäuscht.
Auch konnte es wohl nicht anders sein. Zu lange hatte
der Zorn über den Budgetstreit gedauert, zu tief waren die
Folgen desselben in allen Zweigen der Staatsverwaltung
fühlbar geworden, zu plötzlich war der unerhörte Umschwung
eingetreten, als daß nicht vielfache Reste der alten Erbitterung
in den Gemüthern zurückgeblieben, die Herstellung eines all-
seitigen Vertrauens in so kurzer Frist nicht unmöglich gewesen
wäre. Je fortreißender der Eindruck der Kriegserfolge im
Volke wirkte, desto mehr schien es besorgten Gemüthern Pflicht,
gerade jetzt mit doppelter Eifersucht über jedem parlamen-
tarischen Rechte zu wachen und das Ansehen der Volksver-
tretung nicht völlig hinter dem Glanze der Waffen in den
Schatten treten zu lassen. Es soll damit nicht geleugnet
werden, daß die alten Unarten des deutschen Parlamentaris-