Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Definitiver Abschluß des Norddeutschen Bundes. 423 
Bedenken Anlaß; das allgemeine und directe Wahlrecht sei 
nicht zeitgemäß. 
u.Es war die particulare Gesinnung in unverhüllter Ge- 
stalt, die hier hervortrat, von dem Gefühle getragen, daß die 
feudale Verfassung des Landes durch die neue Bundesgewalt 
schweren Gefahren ausgesetzt würde. Ihr Auftreten wurde 
weit und breit in Deutschland hier mit Unwillen, dort mit 
Hohn begrüßt; es sollte sich indessen zeigen, daß bei allem 
Drange zur deutschen Einheit auch liberale und demokratische 
Parteien je nach den Umständen in ein frisches und kräftiges 
Sonderthum zurückfallen konnten. 
Unterdessen begann dann auch die Thätigkeit des preu- 
ßischen Landtags in Fluß zu kommen. Am 13. August hatte 
das Haus der Abgeordneten eine Commission zur Berathung 
einer Adresse als Antwort auf die Thronrede niedergesetzt: 
sie empfing keine leichte Aufgabe, denn nicht weniger als fünf 
Entwürfe der verschiedenen Fractionen wurden ihrer Prüfung 
überwiesen. Auf die äußersten Parteien, rechts und links, 
hatte die königliche Mahnung zur Versöhnlichkeit nicht erheb- 
lich eingewirkt; sie wetteiferten vielmehr, die bisher streitigen 
Punkte, ein Jeder von seinem Standpunkte aus, möglichst 
scharf zu betonen. Die Conservativen priesen den König 
wegen der Heereseinrichtung ohne Gesetz und der Finanz- 
verwaltung ohne Budget, und gingen schweigend an der nach 
ihrer Meinung höchst unnöthigen Indemnität vorüber. Die 
Fortschrittspartei zog aus der Thronrede den Schluß, daß 
fortan um des angeblichen Staatswohls willen nie wieder 
eine vom Abgeordnetenhause gestrichene Ausgabe gemacht 
werden solle, ließ die Ertheilung der Indemnität bis auf 
weitere Prüfung dahingestellt, erklärte das Streben nach
	        
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