Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Verhandlung über die Indemnität. 427 
Der ganze Streit sei durch die Meinungsverschiedenheit über 
die neue Gestaltung der Armee veranlaßt worden: wer könne 
heute noch daran denken, hieran wesentliche Knderungen vor- 
zunehmen? ja, man dürfe sagen, daß, hätte man den letzten 
Krieg und seine Erfolge vorausgesehen, das Haus der neuen 
Heeresverfassung seine Zustimmung überhaupt nicht verweigert 
haben würde. Allerdings müsse auch jetzt noch eine Fest- 
stellung des Heerwesens durch Gesetz begehrt werden; eine 
solche aber werde bei den heutigen Verhältnissen nicht mehr 
Sache dieses Hauses, sondern des norddeutschen Parlamentes 
sein. Der in diesem Sinne von dem Abgeordneten Twesten 
redigirte Bericht wurde mit 25 Stimmen gegen acht durch 
die Commission genehmigt. Im Plenum wurden, wie immer, 
die Verhandlungen lebhafter, die Gegensätze schärfer. Die 
ganze Fortschrittspartei erhob sich mit Eifer gegen die Vor- 
lage. Waldeck fand, daß nichts, aber auch gar nichts, zu 
der Erwartung eines bessern verfassungsmäßigen Verhaltens 
der Regierung berechtige. Schultze-Delitzsch erklärte, der 
ganze Krieg sei nicht bloß ohne Zustimmung, sondern 
gegen den Willen des preußischen Volkes geführt worden, 
und hatte die Naivität, sich dafür auf jene trübseligen 
Friedensadressen des Mai und Juni zu beziehen, als glän- 
zendes Zeugniß preußischer Besonnenheit gegenüber dem da- 
maligen Wiener Kriegsgelärme. Virchow erläuterte, er und 
seine Freunde hätten einen bessern Weg zur deutschen Einheit 
als Bismarck gekannt, den Weg durch die Freiheit; wie jetzt 
die Sache stehe, brächten sie Bismarck diese Wünsche zum 
Opfer, wollten seine auswärtige Politik unterstützen, gber 
im Innern um so fester das Verfassungsrecht schirmen. 
Als ob im Juni Benedek durch die Freiheitsgluth der Fort-
	        
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