Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

428 Innere Entwicklung. 
schrittspartei sich von dem Marsche auf Berlin hätte ab- 
halten lassen, oder als ob jetzt gegen Bismarck's deutsche 
Politik eine schlimmere Störung denkbar gewesen, als die 
Verewigung des innern Haders. Der Professor der katholi- 
schen Theologie, Michelis, ergänzte jene Erörterungen durch 
die geistreiche Bemerkung, Tetzel sei 1517 mit Umrecht 
angeklagt worden, daß er Ablaß für künftige Sünden 
verkaufe, dieser Gesetzentwurf aber schließe in der That 
den Ablaß für alle künftigen Sünden der Minister in sich 
ein. Die conservative Partei, der günstigen Strömung 
froh, erklärte mit großer Lebhaftigkeit, sie würde zwar, nach 
dem Wunsche der Regierung, für die Indemnität stimmen, 
obgleich von Rechtswegen ganz etwas Anderes am Platze 
sei, nämlich ein feuriger Dank an die Regierung, weil sie sich 
nicht an die Thorheiten des Hauses gekehrt habe. Indessen 
fand auch der vermittelnde Standpunkt Bismarck's und von 
der Heydt's eine beredte Unterstützung in den Mittelparteien; 
Losker und Georg Vincke, sonst selten auf derselben Seite 
zu finden, so wie am Schlusse der Berathung der Bericht- 
erstatter Twesten, entwickelten mit schlagender Wucht die Be- 
deutung der gegenwärtigen Lage, die Folgen eines fortge- 
setzten Streites gegen die Regierung, die Gewalt der auf 
Einigkeit drängenden öffentlichen Meinung. Die Abstimmung 
ergab für die Vorlage 230 Stimmen, dagegen 75, die Fort- 
schrittspartei, einige wenige Männer des linken Centrums, 
die katholische Fraction. Das Herrenhaus folgte am 8. Sep- 
tember dem Beispiel, nachdem Herr von Kleist-Retzow sein 
Bedauern über die schädliche Nachgiebigkeit der Regierung 
ausgesprochen hatte, durch einstimmige Annahme des von den 
Abgeordneten redigirten Gesetzes.
	        
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