Ertheilung der Indemnität. 429
Hiemit war der innere Friede abgeschlossen, der vier-
jährige Verfassungsstreit beendigt. Mit gutem praktischem
Sinne hatte man die auf dem tiefsten Grunde des Streites
liegende Frage, was zu geschehen hätte, wenn künftig einmal
wieder ein Etatsgesetz nicht zu Stande käme, der künftigen Ent-
scheidung überlassen, und sich begnügt, den gegenwärtigen
Schaden zu heilen, in beiderseitigem Vertrauen auf das könig-
liche Wort: es wird nicht wieder vorkommen. Seitdem sind
mehr als zwanzig Jahre verflossen: oft genug hat die Volks-
vertretung Regierungsvorlagen abgelehnt, aber niemals hat sie
einen Grund gefunden, an der Verfassungstreue der Minister
zu zweifeln. Es ist nicht wieder vorgekommen. Möge auch das
nicht wieder vorkommen, daß die Volksvertretung ihrerseits
einen Nothstand veranlaßt, bei welchem das Staatswohl das
einzig herrschende Gesetz wird.
So hatte das Ministerium Bismarck das natürliche
Fundament jeder Regierung, den Friedensstand im eignen
Hause, wieder gewonnen, ohne welches eine fruchtbare Thätig-
keit in der deutschen Sache undenkbar gewesen wäre. Man
schritt jetzt zu der Berathung zweier Gesetze, welche, sehr
verschiedene Gegenstände betreffend, doch im engsten sachlichen
Zusammenhange standen, das Gesetz über die preußischen
Annexionen und das Wahlgesetz für das norddeutsche Parlament.
Norddeutschland, so weit es bisher außerpreußisch gewesen,
erschien jetzt in zwei beinahe gleich große Ländergruppen ge-
sondert, von welchem die eine zur vollständigen Einverleibung
in die preußische Monarchie bestimmt war, während die
andere von dem künftigen Parlamente ihre bundesrechtliche
Stellung unter Preußens Führung erwartete. In dem am
17. August eingebrachten Annexionsgesetze war Schleswig-