Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Gesetz Über die Annexionen. 431 
Verwicklung, durch die bisher zwischen seinen Provinzen liegen- 
den Staaten im Rücken gefaßt zu werden. Dafür habe man 
zwischen drei Verfahrungsweisen zu wählen gehabt. Die erste 
derselben sei die der vollständigen Einverleibung in den 
preußischen Staat, und dieser habe die Regierung den Vorzug 
geben müssen. Denn das zweite System, eine Theilung der 
Hoheitsrechte, so daß es in dem Lande einen Militärherrscher 
und einen Civilherrscher gebe, würde für beide Machthaber 
gleich große Unzuträglichkeit entwickeln; es sei zu bedauern, 
daß die Umstände wahrscheinlich dazu nöthigen würden, dieses 
System in Sachsen zur Anwendung zu bringen. Die dritte 
Methode sei die Zerreißung des bisher bestandenen Gemein- 
wesens, wobei ein Theil des Landes an Preußen abgetreten, 
und im Reste die bisherige Dynastie erhalten würde. Die 
Erfahrung aber, welche man damit seit der Theilung Sach- 
sens im Jahre 1815 und dem daraus entsprungenen lang- 
jährigen Grolle gemacht, sei nicht ermuthigend; das Verfahren 
verletze außerdem die Wünsche und die Interessen der Be- 
völkerung, und so habe man sich entschlossen, die Dynastien 
dem Gemeinwohl ihrer Länder zu opfern, und die Einwohner 
der letztern durch schonende Behandlung ihrer Eigenthümlich- 
keiten allmählich zu guten Preußen zu machen. 
Als einige Mitglieder der Commission bedauerten, daß 
man mit den norddeutschen Kleinstaaten nicht gründlicher auf- 
geräumt, Andere aber beklagten, daß man für den neuen Bund 
nicht die Reichsverfassung von 1849 ausgerufen habe, ent- 
gegnete Bismarck: „was unsere Bundesgenossen betrifft, so 
haben wir nur deren wenige und schwache gehabt, aber es 
ist nicht bloß unsere Pflicht, sondern ebenso gebietet es die 
Klugheit, auch dem Kleinsten unser Wort zu halten. Je
	        
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