Modalitälen der Annexion. 433
die Landstände des betreffenden Staates zu einem Beschlusse
darüber aufzufordern.
Gegen das erste Wort dieser Erörterungen, gegen den
Vorwurf der nackten Gewalt, verwahrte sich Bismarck mit
dem durchschlagenden Satze: hier gründe sich das Recht der
Eroberung auf das Recht der deutschen Nation, zu existiren,
zu athmen, sich zu einigen, und die große Mehrheit der
Commission fiel ihm bei. So lange Kriege geführt würden,
sei es unvernünftig, das Recht der Eroberung zu leugnen;
bei den gepriesenen Plebisciten sei mehr Schein als Wesen,
und wenn ein Staat zu Grunde gehe, falle auch die Staats-
verfassung dahin. Nur in die Privatrechte und deren Schutz
werde ein billiger und gerechter Eroberer nicht eingreifen
wollen.
In der Hauptsache beschloß nun die Commission, von
dem Regierungs-Antrag nicht nur nichts abzudingen, sondern
noch über denselben hinauszugehen. Sie setzte an die Stelle
der einstweiligen Personal= die sofortige Real-Union der vier
Staaten mit Preußen. Verschiedene Gründe wirkten dabei
zusammen. Auf der einen Seite das Bild der Lockerheit und
Künstlichkeit einer PersonalUnion in solchem Umfange, und
der Unsicherheit aller Verhältnisse bei einer etwa von Außen
her drohenden Verwicklung. Auf der andern die Sorge, daß
die Krone, mit bleibender Vollgewalt in den vier Staaten,
in großem Maaße jeder parlamentarischen Einwirkung entrückt
sein, und namentlich auf finanziellem Gebiete das Budget-
recht des preußischen Landtags an Gewicht erheblich ver-
lieren würde.
Sodann aber wurde erwogen, daß es unmöglich sei, auf
der Stelle die preußische Verfassung in jenen Wndern ein-
v. Sybel, Beprändung d. deutschen Neichs. V.