Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Annahme des Annexionsgesegtzes. 435 
Vorlage am 7. September mit 273 gegen 14 Stimmen an- 
genommen. Im Herrenhause kam es dann bei der Prüfung 
des Gesetzes zu einem charakteristischen Vorgang. Es wurde 
die Frage angeregt, ob nicht den neuen Provinzen eine ent- 
sprechende Anzahl von Sitzen im Herrenhause je nach dessen 
Kategorien von Grafenverbänden, befestigtem Grundbesitz u. s. w. 
durch gesetzliche Bestimmung einzuräumen sei. Das war ganz 
folgerichtig vom Standpunkte der damals im Hause herr- 
schenden Partei, aber ebenso rücksichtslos gegen das preußische 
Staatsinteresse gedacht, da diesem eine solche Kräftigung des 
hannover'schen und hessischen Adels bei dessen damaliger Feind- 
seligkeit wenig frommen konnte. Die Regierung lehnte denn 
auch unter Bezugnahme auf das königliche Ernennungsrecht 
den Vorschlag sehr entschieden ab, worauf am 11. September 
die Annahme des Gesetzes mit allen gegen eine Stimme erfolgte. 
Des inneren Zusammenhanges wegen kann gleich hier. 
berichtet werden, daß jetzt, nach der Ratification des Prager 
Friedens, ein gleichlautendes Gesetz auch für Schleswig- 
Helstein von der Regierung vorgeschlagen, und die Annahme 
desselben durch den Landtag nur durch eine bald nachher 
eintretende Vertagung verzögert wurde. Etwas später, am 
27. October, kam auch ein Vertrag zwischen Preußen und 
Oldenburg zu Stande, in welchem der Großherzog, gegen 
eine Zahlung von drei Millionen Thalern und eine kleine 
Erweiterung seines Eutiner Territoriums, sowohl seine eignen, 
als die ihm von dem russischen Kaiser cedirten Rechte auf 
schleswig-holstein'sches Land für immer an die Krone Preußen 
abtrat. Es war ein Act von nicht geringer Bedeutung, da 
er die letzte Möglichkeit auswärtiger Ansprüche an die Elb- 
herzogthümer für alle Zukunft beseitigte.
	        
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