Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

442 Innere Entwicklung. 
Bürgerthum zu finden, oder wie die Meinung, daß stets 
gleichgesinnte Mehrheiten im Parlamente und im preußischen 
Landtag parallel neben einander gehen würden. 
Wer eine Stechpalme pflanzt, kann nicht süße Früchte 
davon erndten. 
Was nun auch in dieser Beziehung die Zukunft bringen 
mochte, seit dem 10. Juni war das allgemeine Stimmrecht 
unvermeidlich geworden. Die Hauptsache war für jetzt, daß 
die demnächstige Wahl des Parlaments feststand. Alles kam 
darauf an, die Wirksamkeit desselben gegen jede Stbrung von 
Außen zu sichern, und eine darauf gerichtete Vorlage der 
Regierung gab noch einmal dem Hause Veranlassung, neben 
vielen constitutionellen Bedenken ein erfreuliches ÜUbergewicht 
der. nationalen Gesinnung zu bekunden. 
Am 28. Juli hatte der König in Nikolsburg einen Gesetz- 
entwurf gezeichnet, welcher einen Credit von 60 Millionen 
Thalern in Form einer Staatsanleihe für außerordentliche 
Bedürfnisse des Heeres und der Marine begehrte. Es waren 
die Tage, wo zwar die Präliminarien mit Osterreich verab- 
redet waren, der definitive Friede aber noch ausstand, gegen 
Süddeutschland die kriegerischen Operationen nicht unterbrochen 
waren, und von Paris die erste Anmeldung der Compensations- 
Forderungen erfolgt war. Nichts also war in höherem Grade 
angezeigt, als eine Beschaffung der Geldmittel für fernere 
Kriegsbereitschaft. Die Commission des Abgeordnetenhauses, 
welcher die Vorlage zur Berathung überwiesen war, consti- 
tuirte sich erst am 17. August, arbeitete so gründlich, daß die 
Fertigstellung ihres Berichts bis zum 15. September dauerte, 
und erst am 24. die Verhandlung im Plenum beginnen konnte. 
Unterdessen hatte sich allerdings, wie wir gesehen, die Lage
	        
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