Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Einwendungen. 445 
sich durch eine Anleihe die Mittel zu beschaffen. Dann sei zu 
bedenken, wie sehr ein gefüllter Staatsschatz der Regierung die 
Möglichkeit biete, ohne oder gegen den Willen der Volksver- 
tretung Ausgaben zu machen; er sei geradezu als eine stets bereite 
Versuchung zu verfassungswidrigem Handeln zu bezeichnen. 
Indem man nun diesen Posten absetzte und mehrere andere 
auf den nächsten Etat verwies, kam man zu dem Ergebniß, der 
Regierung nicht 60, sondern nur 30 Millionen zu bewilligen, 
und zwar nicht als consolidirte Anleihe, sondern zur Ausgabe 
von Schatzanweisungen, auf ein Jahr lautend, und zur 
Flüssigmachung der nicht sofort beizutreibenden Außenstände 
bestimmt. Wie die letztern einkämen, sollten sie zur Wieder- 
einziehung der Schatzscheine verwandt werden, neue Hülfs- 
qduellen der Regierung also versagt bleiben. Der Bericht- 
erstatter der Commission bei diesem Nachspiel des Budgetstreites 
war derselbe Mann, welcher 1861 durch den Antrag auf 
Specialisirung des Etats die Conflictszeit eröffnet hatte, der 
Abgeordnete Hagen aus Berlin, ein sonst einsichtiger und 
redlicher Patriot, der nur unter allen Umständen genaue 
Sparsamkeit und größte Macht der Volksvertretung für die 
höchste Bedingung des Staatswohls hielt. Der Finanz- 
minister erklärte sogleich nach Feststellung des Beschlusses 
denselben für schlechthin unannehmbar, da die Regierung 
hienach in die Lage kommen könne, wieder einmal zwischen 
Pflichtversäumniß und Rechtsbruch zu wählen; er sprach die 
Hoffnung aus, daß die Mehrheit der Commission bei der 
Berathung des Hauses in einer kleinen Minorität ver- 
schwinden würde. 
Diese Hoffnung sollte ihn nicht täuschen. Wenngleich 
die constitutionellen Einwürfe gegen den Staatsschatz auch
	        
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