Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Die Ansichten in Württemberg. 457 
der schwäbischen Demokraten war hier Königgrätz und seine 
Folgen ebenso wirkungslos abgeglitten, wie bei Caroline 
Reuß und der mecklenburger Ritterschaft. Der Ausgang 
einer Schlacht, hieß es, kann unsere Ansicht über Recht und 
Unrecht nicht ändern. Deutschlands Zustand erschien ihnen 
zerrütteter als je. Trotz der Indemnität und des Reichs- 
wahlgesetzes blieb Bismarck in ihren Augen der freiheits- 
feindliche Junker; verderblich würde es sein, aus banger Furcht 
vor Isolirung hastig auf den Eintritt in den norddeutschen 
Bund zu drängen. Jener Isolirung ließe sich abhelfen durch 
den engern Bund der süddeutschen Staaten mit gemeinsamer 
parlamentarischer Vertretung. Da aber nur ein im Innern 
befriedigtes Volk nach Außen stark sein könne, so sei die 
Hauptsache für Württemberg die Reform der Verfassung und 
der Verwaltung im Sinne vollkräftiger Freiheit, so wie die 
Einführung der allgemeinen Wehrpflicht ohne die anderwärts 
damit verbundenen Lasten, eine Aufgabe, die zwar schwer, 
aber nicht unlösbar sei. 
Diese Sätze wurden durch die zweite Kammer in einer 
sehr weitläufigen, mit 61 gegen 25 Stimmen angenommenen 
Adresse der Regierung zu Gemüthe geführt. Baron Varn- 
büler gab darauf am 10. October die ausweichende Erklärung, 
vorbereitende Mittheilungen über den Südbund seien erfolgt, 
eingehende Berathungen aber hätten schon wegen der Kürze 
der Zeit noch nicht Statt finden können. Am 16. nahm der 
König die Adresse huldreich entgegen und dankte für den 
offenen Ausdruck der Gesinnung. Auch Ihnen, sagte er, ist 
es nicht entgangen, daß unmittelbar nach dem Umsturz ge- 
schichtlicher Verhältnisse Württemberg der Entwicklung der 
neuen Gestaltungen zu folgen hat; wenn nach dem blutigen
	        
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