Übermacht der italienischen Armee. 69
nach seinem rechthaberischen Wesen umgekehrt zu doppelt
eifrigem Festllammern an seine Stelle, damit nicht irgend ein
Anderer durch tolldreiste Dummheit schweren Schaden anrichte.
Denn er war im Grunde der Meinung, es brauche auf dem
dortigen Kriegstheater zu großen, gefährlichen oder ruhm-
reichen Begebenheiten gar nicht zu kommen. Daß Österreich
kein Gewicht mehr auf den Besitz von Venetien lege, hatte
ihm ja sein verehrter Gönner Napoleon wiederholt mitgetheilt,
und zuletzt noch, wie wir sahen, den Wink hinzugefügt, daß
es im Verlauf der Ereignisse sich für Italien vielleicht em-
pfehlen könne, den Krieg nicht gar zu energisch zu führen.
Jenes Wort des Grafen Karolyi zu Barral (wenn wir Preußen
besiegen, werden wir uns mit euch über Venedig leicht ver-
ständigen), stimmte dazu vortrefflich. Aus solchen Vorder-
sätzen konnte ein so scharfsinniger Politiker wie La Marmora.
sehr leicht die Folgerung ableiten, daß Ssterreich für das
aufgegebene Venetien das Blut nicht eines einzigen Soldaten
mehr zu vergießen wünsche, vielmehr das Land ohne Schwert-
streich räumen würde, wenn die Italiener nicht ihrerseits durch
hitziges Draufgehen den Kampf unvermeidlich machten. Man
wird hiebei an jenen früher erwähnten Ausspruch Jacini's
erinnert, daß es sich nicht mehr um eigentlichen Krieg, sondern
um ein ritterliches Duell handle; Osterreich werde das Land
an Italien abtreten, sobald es seine militärische Ehre durch
einen kleinen Sieg über das italienische Heer gedeckt hätte.
So weit allerdings verstieg sich nach unserer Auffassung La
Marmora's Bereitwilligkeit nicht: schöner, als sich schlagen
zu lassen, war es offenbar, wenn gar nicht geschlagen wurde;
auch mit der Bundespflicht gegen Preußen gerieth man da-
durch wenigstens nicht gleich im ersten Augenblick in brennen-