Frage über die Richtung des Angriffs. 71
Osten, oder von Bologna und Ferrara aus nach Norden 7.
Der Ubergang über den Mincio war ohne Zweifel leichter,
als jener über den Po und die Etsch, aber der Vertheidiger
stand dann nach allen Seiten gestützt auf die vier Festungen,
und hatte im schlimmsten Falle gesicherten Rückzug auf seine
Verbindungen nach Osten, wo mehrere bedeutende Flußläufe
immer neue Deckung boten. Ganz anders, wenn dem An-
greifer der allerdings schwierigere Übergang über den Po und
die Etsch gelang. Dann war der Vertheidiger von Venedig
und Triest, von Laibach und Wien abgeschnitten, und hatte
nach einer Niederlage im Felde nur die Wahl, entweder sich
in die vier Festungen hoffnungslos einzuschließen, oder auf
einem weiten Umwege durch Tirol seine Verbindung mit
Wien wieder herzustellen. Es ist einleuchtend, auf welcher
Seite der raschere und gründlichere Gewinn zu erlangen war;
und so hatte auch Moltke seinen Vertreter angewiesen, dringend
den Ubergang über den Po zu empfehlen, wodurch man die
Stellung der österreichischen Armee im Rücken zu fassen, sie
zu schlagen, vom Festungsviereck abzudrängen, sie nach Tirol
hinein zu werfen, ihr hier mit Heeresmacht auf den Fersen
zu bleiben und endlich bei Linz an der Donau dem preußi-
schen Heere die Hand zu reichen vermöchte. Wenn man etwa
mit zwei oder drei Divisionen eine kräftige Demonstration
Über den Mincio in Scene setzte, konnte man zu der Haupt-
operation mehr als die doppelte Stärke der feindlichen Feld-
armee verwenden.
9 Über diese Frage ist damals In Italien eine ganze Litteratur
polemischer Schriften entstanden. Es ist unseres Amtes nicht, darüber
abzuurtheilen, die Autorität Moltke's und Cialdinl's dünkt uns aus-
reichend. Bgl. übrigens Rüstow, Krieg von 1866 Seite 117.