Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Conferenz zwischen La Marmora und Bernhardi. 75 
lieren, aber eine Revolution in Ungarn macht der Sache ein 
Ende. So gab er, ohne bestimmte Hoffnung auf den Plan zu 
setzen, Bernhardi den weitern Auftrag, dahin zu wirken, daß 
Garibaldi mit 35000 Freiwilligen über Dalmatien und Triest 
nach Ungarn gesandt werde, um den dortigen Freiheitsfreunden 
als Kern und Rückhalt zu dienen. Preußen sei (nach Usedom's 
Vorschlag) bereit, gemeinsam mit Italien eine Million Lire 
für die revolutionäre Bewegung Ungarns aufzubringen. 
Man ermißt, daß diese Aufträge zu La Marmora's 
neuesten Anschauungen übel paßten. Als ihm Bernhardi's 
Ankunft gemeldet wurde, war er ohnedies entrüstet, daß statt 
Moltke jetzt überhaupt kein General, sondern ein Doctor der 
Philosophie zur Besprechung wichtiger strategischer Fragen 
erscheine. Indessen, gerne oder ungerne, konnte er doch dem 
Civilisten ein Gespräch nicht versagen, und so hatte er am 
6. Juni mit Usedom und dem kriegskundigen Gelehrten die 
erste Conferenz; er bat den letztern zunächst um Mittheilung 
über Preußens Rüstung und Kriegsplan. Als Bernhardi 
ihm die Ziffern der preußischen Streitkräfte angab, rief er 
aus: das ist ja eine ungeheure Macht! Bernhardi erklärte 
ihm weiter, Preußen würde alle Nebendinge vernachlässigen, 
um mit unzersplitterter Kraft auf dem entscheidenden Schlacht- 
feld aufzutreten. Was er noch über die möglichen Operationen 
in Böhmen und das Ziel derselben an der Donau hinzufügte, 
schien den Minister nur in mäßigem Grade zu interessiren; 
La Marmora begnügte sich mit dem Worte, Preußen sei stark 
genug, um fast alle Kräfte Osterreichs im Norden festzuhalten, 
und dadurch den Italienern leichtes Spiel zu verschaffen. Das 
war freilich richtig, aber nichk gerade rühmlich für den Chef 
der dreifach übermächtigen italienischen Armee.
	        
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