Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

78 Custozza. 
Besetzung von ganz Venetien, dann von Udine aus gehen 
wolle. Wir werden, antwortete er, in die Alpen rücken, ent- 
weder in das Ampezzo-Thal oder nach Ponteba. Nun, sagte 
Bernhardi, gleichviel auf welchem Wege, wenn Sie nur über 
die Alpen kommen. Mit einer ablehnenden Hand= und Kopf- 
bewegung entgegnete La Marmora: je nachdem, wir werden 
sehen, aber in die Alpen. Als Bernhardi ihm noch einmal 
die Vortheile entwickelte, welche ein rasches Vorgehen Italiens 
zum Zusammenwirken an der Donau mit dem preußischen 
Heere haben müßte, nahm der General dies mit der ganzen 
Überlegenheit des zünftigen Technikers als eine Art von 
großartigem, aber abenteuerlichem Scherze auf: so viel braucht 
es nicht, sagte er, um Osterreich zum Frieden zu zwingen. 
„Ich habe die Überzeugung, schloß Bernhardi seinen 
Bericht an Moltke, daß er an der alten venetianischen Grenze 
stehen bleiben, und dann nur noch Scheinoperationen unter- 
nehmen wird, auch wenn die Osterreicher nichts als ein 
Observationscorps gegen ihn stehen lassen. Seine Combina- 
tionen reichen nur in das Festungsviereck und sein Horizont 
endet bei Udine.“ · 
Am 8. Juni fand dann eine zweite Berathung unter 
dem Vorsitze des Königs Statt. Die Verhandlung drehte 
sich um dieselben Punkte; Victor Emanuel erklärte sich ganz 
bereit, Garibaldi mit einem ansehnlichen Heertheil nach Dal- 
matien Übersetzen zu lassen; auch hatte Bernhardi erfahren, 
daß Cialdini, damals nach allgemeinem Urtheil der bedeu- 
tendste unter den italienischen Generalen, Moltke's Ansichten 
völlig theile. Es half aber nichts: La Marmora blieb starr 
und fest bei seinem Willen, und der König wagte nicht, den- 
selben zu brechen, zumal La Marmora für seine Ansichten
	        
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