Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

102 Luxemburg. 1867 
und die deutsche Bundesversammlung durch Beschluß vom 
5. October 1820. 
Es leidet hienach keinen Zweifel, daß das preußische 
Besatzungsrecht sich auf die Stadt Luxemburg als Bundes- 
festung bezog, und Napoleon konnte mit Grund behaupten, 
daß es seit der Auflösung des deutschen Bundes hinfällig 
geworden war. Seit jenem Ereigniß gab es keine Bundes- 
festungen mehr, und der Landesherr hatte wieder volle Ver- 
fügung über Stadt und Festung zurückgewonnen. 
Eben deshalb aber hätte einstweilen Preußen auf 
Napoleon's Begehren erwidern können, daß nicht Frankreich, 
sondern allein der König-Großherzog das Recht habe, den 
Abzug der preußischen Besatzung zu fordern; dies sei aber 
bisher nicht geschehn, und so befinde sich Preußen noch völlig 
rechtmäßig in dem Besitz der ihm durch die europäischen 
Verträge eingeräumten Stellung. Allerdings, wenn der König- 
Großherzog seine Souveränität über Luxemburg an Frankreich 
abtrat, so ging auch das Recht, der preußischen Besatzung zu 
kündigen, an dieses über. 
Im Ubrigen gab es noch eine weitere Instanz, wo die 
Frage im Nothfall anhängig gemacht werden konnte: die 
europäischen Großmächte, welche die Bundesfestung Luxem- 
burg nebst dem preußischen Besatzungsrecht geschaffen und im 
Jahre 1839 die Verhältnisse zwischen Belgien und Luxem- 
burg geregelt hatten. Hier wäre nun zu einem bindenden 
Beschlusse Einstimmigkeit erforderlich; indessen würde schwerlich 
eine einzelne Macht der vereinigten Autorität aller übrigen 
sich entgegensetzen, vielmehr sich in einem solchen Falle 
unbeschadet der eignen Ehre zur Nachgiebigkeit entschließen 
können.
	        
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