1807 Letzte Unterhandlung über die Abtretung Luxemburgs. 109
Allein während die Depesche vom 27. im Haag ihren
Eindruck nicht verfehlte, sollte die auf Sicherung des Friedens
berechnete Interpellation die gerade entgegengesetzte Wirkung
haben und die Spannung auf die höchste Spitze steigern.
Am 28. März empfing Napoleon aus der Hand des
Prinzen von Oranien den Brief des Königs-Großherzogs.
Er faßte ihn auf als das Zugeständniß der Abtretung. Er
berief sofort Baudin telegraphisch nach Paris, gab ihm
mündliche Weisungen nebst einem Briefe an den König-
Großherzog, worin er die Annahme der Abtretung aussprach
und die Verantwortlichkeit Preußen gegenüber vollständig
auf sich nahm. Baudin eilte schleunig nach dem Haag
zurück; der König-Großherzog erklärte sich einverstanden?;
die Verträge wurden ausgefertigt, und Baudin meldete nach
Paris, am 31. werde die Unterzeichnung Statt finden.
Moustier telegraphirte dann an Benedetti: wir stehn am
entscheidenden Augenblick; trefft in Berlin alle Vorkehrungen;
der Kaiser Hetrachtet die Sache als erledigt und hält jedes
Zurückweichen für unmöglich. Als man aber im Haag zur
Unterzeichnung schreiten wollte, bemerkte der holländische
) Rothan, der sonst Servais’ Buch mehrmals citirt, geht un-
begreiflicher Weise über die preußische Depesche vom 27. März hinweg,
und erzählt dafür, der König-Großherzog sei durch die diplomatie
occulte gewonnen worden, nachdem alle Anstrengung der officiellen
Diplomatie vergeblich gewesen. Er deutet damit wohl auf Madame
Musard, die Geliebte des Königs, welche angeblich durch französisches
Gold bestochen worden sei. Ich kann dies weder bestätigen noch wider-
legen, will aber bei diesem Anlaß bemerken, daß Rothan's an einer
frühern Stelle geäußerte Behauptung, die Königin Sophie sei eine
Hauptstütze der französischen Partei in der Luxemburger Sache gewesen,
auf Irrthum beruht. Die Königin war eine intime Freundin Napoleon's
und Gegnerin Preußens, lebte aber damals von dem Könige vernach-
lässigt und getrennt, von allem politischen Einfluß entsernt.