1867 Streit über die Cabinetsordre vom 22. Dec. 1819. 135
Gegen die Richtigkeit dieser allgemeinen Ausführung
(de lege ferenda) besteht heute kein Widerspruch mehr.
Eine andere Frage ist es, ob seine historische Behauptung
(de lege lata) damals begründet war.
War die Ordre von 1819 im Sinne des Königs in
der That ein Gesetz, also jetzt ihre Anderung der Zustim-
mung des Landtags bedürstig oder war sie nur eine jeder
Zeit allein durch königliches Belieben zu ändernde Ver-
ordnung?
Ihre Veröffentlichung durch die Gesetzsammlung liefert
keinen Beweis für das erstere. Denn unter dem absoluten
Königthum nahm man es nicht so genau mit der Unter-
scheidung von Gesetz und Verordnung. Damals sind eine
Menge Cabinetsordres in die Gesetzsammlung ausgenommen
worden, denen heute kein Mensch den Charakter eines Gesetzes
beilegen und für ihre Anderung einen Landtagsbeschluß
fordern würde: Ernennung einzelner Personen zu gewissen
Amtern, Regulirung des innern Dienstes in einem Mini-
sterium, kleine Verwaltungsmaaßregeln, wie z. B. Bestimmung
des Passirgeldes bei einer gewissen Brücke u. s. w.
Wollte man nun auch einräumen, die Ordre von 1819
sei deshalb als Gesetz zu betrachten, weil sie einige Ande-
rungen eines älteren Gesetzes, der Landwehrordnung von 1815,
vorschreibt, so käme man damit in der wesentlichen Frage,
der Formation des Linienheeres und deren gesetzlicher Fest-
legung, nicht um einen Schritt weiter. Die Ordre gibt eben
eine neue Formation der Landwehr, nicht aber eine solche
der Linie. Die letztere war durch zwei Ordres aus dem
Mai -˙1817 und dem September 1818 vollständig geregelt,
beide Ordres aber nicht in die Gesetzsammlung aufgenommen