Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

156 Abschluß der norddeutschen Buudesverfassung. 1867 
kleinen Fraction, in der sich die Ultramontanen mit holstein'schen 
und hannover'schen Particularisten zusammen fanden, entgegen: 
der Eintritt in den Bund steht jedem süddeutschen Staate 
frei, der sich der Verfassung unterordnet; besonderer Verträge 
bedarf es nicht. Auf der anderen Seite begehrten Miaquel 
und Lasker Namens der nationalliberalen Partei einen Zusatz 
zu dem Regierungsentwurf: der Eintritt der süddeutschen 
Staaten oder eines derselben erfolgt auf den Vorschlag des 
Bundespräsidiums auf dem Wege der Bundesgesetzgebung — 
wobei die Meinung wan der Krone Preußen die Wahl des 
richtigen Zeitpunkts für den Vorschlag zu überlassen; wenn 
er aber gekommen sei, bei einem so erfreulichen Ereigniß 
die nöthig werdenden Verfassungsänderungen mit einfacher 
Mehrheit auch des Bundesraths zu beschließen. Denn es 
herrschte überall die Ansicht, daß bei dem Eintritt der Süd- 
deutschen eine Verstärkung der preußischen Stimmen im 
Bundesrathe unumgänglich sein würde. Der Abgeordnete 
Bebel zog daraus sogar den Schluß, daß Bismarck den 
Eintritt der Süddeutschen gar nicht wolle, weil er größere 
Staaten wie Bayern und Würtemberg unmöglich mit solcher 
Allmacht würde beherrschen können, wie die norddeutschen 
Kleinstaaten, deren Fürsten nach dieser Verfassung nur noch 
Präfecten eines despotischen Militärstaates seien. Er bemerkte 
bei dieser Gelegenheit, daß er nicht zu den Socialisten aus 
Lasselle's Schule, sondern zur radical-demokratischen Volks- 
partei gehöre. In einer meisterhaften Rede widerlegte ihn 
Miquel, Preußen habe die Kleinstaaten mit der hbchsten, 
ja mit übertriebener Billigkeit behandelt; der Staat, der 
zuerst in Deutschland sich zur religiösen Toleranz bekannt, 
der die Befreiung der Bauern durchgeführt, die Städte-
	        
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