Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

162 Abschluß der norddeutschen Bundesverfassung. 1867 
aber weder Vincke's Energie, noch Lasker's Schärfe, noch 
Schulze's Pathos vermochten die allgemeine Unruhe und 
Ungeduld zu beherrschen. Bismarck bat wiederholt in dringen- 
dem Tone um die Annahme der durch zwei Grafen Stolberg 
eingebrachten conservativen Anträge, damit nicht im letzten 
Augenblick das Schicksal der ganzen Verfassung in Frage 
gestellt würde. Als ihm aber Graf Bethusy-Huc erklärte, er 
wünsche für Ujest zu stimmen, werde aber zu Stolberg über- 
treten, wenn Bismarck ausdrücklich ausspreche, daß der Antrag 
Bennigsen-Ujest für die Regierungen unannehmbar sei: da 
entgegnete Bismarck, dazu habe er keine Vollmacht; würde 
der Antrag Ujest angenommen, so würde der Bundesrath 
darüber die Entscheidung der Souveräne einholen. Damit 
schwand der letzte Zweifel. Die Anträge Stolberg wurden ab- 
gelehnt, und darauf der Antrag Ujest-Bennigsen mit 202 gegen 
80 Stimmen angenommen. In der Mehrheit befanden sich 
außer den Antragstellern drei Viertel der Conservativen, 
darunter Prinz Friedrich Carl und Bismarck's Vertrauter 
Wagener (Neustettin), so wie Vincke mit den Altliberalen. 
Minister von Roon fehlte. Bismarck selbst hielt auch hier 
an der einmal angenommenen Haltung fest und befand sich 
mit einem kleinen Häuflein conservativer Genossen in der 
sonst durch Demokraten, Ultramontanen, Particularisten, 
Polen und Dänen gebildeten Minderheit. 
Die weitern Artikel gingen, hier und da von küurzen 
Bemerkungen begleitet, ohne Schwierigkeit durch, und Simson 
konnte die Vollendung des großen Werkes erklären. 
Am 17. April verkündete darauf Bismarck die Annahme 
der Verfassung durch die norddeutschen Regierungen, und 
verlas eine Botschaft König Wilhelm's, welche den Reichstag
	        
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