Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Verkündung der Verfassung. 163 
zum feierlichen Schlusse seiner Sitzung in das königliche 
Schloß entbot. 
Die Thronrede sprach die Anerkennung des patriotischen 
Sinnes aus, welcher die Arbeiten des Reichstags geleitet habe, 
so wie der allseitigen Opferwilligkeit, in welcher Regierungen 
und Volksvertretung das gemeinsame Ziel erreicht und auf 
festem Grunde ein die Zukunft sicherndes Verfassungswerk 
aufgerichtet haben. 
„In diesem allseitigen Entgegenkommen,“ fuhr der König 
fort, „in der Ausgleichung und Überwindung der Gegensätze, 
ist zugleich die Bürgschaft für die weitere fruchtbringende 
Entwicklung des Bundes gewonnen, mit dessen Abschluß auch 
die Hoffnungen, welche uns mit unsern Brüdern in Süd- 
deutschland gemeinsam sind, ihrer Erfüllung näher gerückt 
werden. Die Zeit ist herbei gekommen, wo unser deutsches 
Vaterland durch seine Gesammtkraft seinen Frieden, sein 
Recht und seine Würde zu vertreten im Stande ist. Das 
nationale Selbstbewußtsein, welches im Reichstag zu erhebendem 
Ausdruck gelangt ist, hat in allen Gauen des deutschen Vater- 
landes kräftigen Wiederhall gefunden. Nicht minder aber 
ist ganz Deutschland in seinen Regierungen und in seinem 
Volke darüber einig, daß die wieder gewonnene nationale 
Macht vor Allem ihre Bedeutung in der Sicherstellung der 
Segnungen des Friedens zu bewähren hat.“ 
Die königlichen Worte wurden weithin durch Deutschland 
und Europa vernommen. Sie sprachen mit unverkennbarem 
Nachdruck den Willen aus, mit Jedermann im Frieden zu 
leben, Deutschlands weitere Entwicklung sich ruhig vollziehn 
zu lassen, aber schlechterdings keinen Eingriff des Auslandes 
in unser nationales Leben zu gestatten. 
11°
	        
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