Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Preußische und bayerische Auffassung des Artikels. 183 
nachdem er sich an dem Abschluß der Verträge nicht betheiligt 
hatte, für ihn keinen Rechtstitel mehr, die Ausführung 
derselben zu überwachen oder als Anwalt der Vertragstreue 
gegen eine angebliche Verletzung aufzutreten ). 
Endlich aber, selbst angenommen, es gelte, was der 
Artikel über den Südbund bestimmte, nach der Beseitigung des 
Bundes ebenso für die einzelnen Südstaaten, so bot auch dann, 
was von Preußen bisher geschehn, keinen Anlaß zu einer 
Beschwerde über Vertragsbruch. Der Südbund sollte berechtigt 
sein, sich mit dem Norden über eine nationale Verbindung zu 
verständigen: nun, man sollte denken, der erste und dringendste 
Schritt zu einer solchen Verbindung sei die Abrede einer 
gemeinsamen Vertheidigung gegen jede von Außen drohende 
Gefahr. Beust's Einrede, daß hiedurch die in Prag stipulirte 
Unabhängigkeit des Südens zu stark leide, ist um so unver- 
ständiger, als einerseits in der Sache jedes Kriegsbündniß 
ohne feste Einheit des Oberbefehls seinen Zweck verfehlt, und 
andrerseits der Friedensvertrag den Grad der erlaubten 
Abhängigkeit nicht einem Urtheil der Großmächte, sondern 
der freien Verständigung der beiden Bünde anheinstellt. 
In noch höherem Maaße gilt dasselbe von der Einladung, 
welche Preußen Ende Mai an die Südstaaten zu einer 
kräftigern Neugestaltung des Zollvereins erließ. Wer könnte 
bestreiten, daß bei der damaligen Lage die Reform des Zoll- 
vereins eins der elementaren Bedürfnisse jeder nationalen 
Verbindung auf deutschem Boden war? 
Wir werden sehn, daß Bismarck's weiteres Berhalten 
in der deutschen Sache nach jeder Seite hin genau dem 
eben dargelegten Inhalt des Prager Friedens entsprach: 
) Dies hat auch Rothan ausdrücklich anerkannt.
	        
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