Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Mordversuch auf den Kaiser von Rußland. 187 
Lage der türkischen Christen denke; allerdings wünsche es, 
Kreta mit Griechenland zu vereinigen; dieses müsse dann 
aber die festesten Garantien für weitere Ruhe geben. Moustier 
ertheilte dem Allen seine Zustimmung und faßte diesen Inhalt 
des Gesprächs schriftlich in einen Pro memoria zusammen, 
als Denkmal des schönen Einverständnisses beider Regierungen. 
Unglücklicher Weise hatten schon vor diesen Erörterungen 
draußen Ereignisse Statt gefunden, welche dem belobten 
Einverständniß den Boden vollständig entzogen. Am 4. Juni 
war Kaiser Alexander mehrmals von lauten Rufen: vive 
la Pologne! verfolgt worden, und am 6., als er zusammen 
mit Napoleon im Wagen von einer großen Truppenschau 
zurückfuhr, hatte ein Pole, Berozowski, auf ihn geschossen, 
aber zum Glücke verfehlt. Napoleon fand trotz des Schreckens 
ein geistreiches Wort: Sire, sagte er, jetzt sind wir Allürte, 
wir haben zusammen im Feuer gestanden. Es machte aber 
auf den bedrohten Monarchen um so weniger Eindruck, als 
gleich nach der Verhaftung des Verbrechers mehr als vierzig 
Pariser Advocaten sich öffentlich zu seiner Vertheidigung 
bereit erklärten. Bald nachher verließ Alexander Paris in 
tiefer Verstimmung gegen Frankreich und in gesteigerter 
Hinwendung zu Preußen. Er gab von dieser auf der Rück- 
reise sowohl dem Herzog von Nassau als der Königin von 
Würtemberg energischen Ausdruck. Der preußische Monarch 
schied am 14. Juni in ungetrübter Herzlichkeit von seinen 
kaiserlichen Wirthen, und sandte ihnen aus Berlin ein warmes 
Dankschreiben für die herrlichen ihm bereiteten Tage. 
Allerdings konnte dadurch der tiefe Schatten, welchen 
der polnische Mordversuch auf den Glanz der Festwoche 
geworfen hatte, nicht aufgehellt werden, und leider stand
	        
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