198 Verhältniß zum Auslande. 1867
waren entfernt von dem Gedanken eines förmlichen Bundes-
vertrags. Denn Beide fanden sich zu der Zeit nicht in der
Lage, einen großen Krieg zu führen, und Beide besorgten,
wenn auch aus verschiedenen Gründen, daß ein solcher durch
einen Bundesvertrag veranlaßt werden könnte. Napoleon
fürchtete, daß ein Bündniß, wenn auch im tiefsten Geheimniß
abgeschlossen, doch dem Grafen Bismarck nicht lange ver-
borgen bleiben, und dieser kühne Staatsmann sich dann mit
raschem Entschlusse auf die schlecht gerüsteten Gegner stürzen
würde. Umgekehrt traute man in Osterreich dem gereizten
französischen Selbstgefühl nicht so viel Besonnenheit zu, um
auf die Kunde von einer österreichischen Allianz den Angriff
auf das verhaßte Preußen nur noch einen Tag hinaus-
zuschieben. Also kein Bündniß, hoffentlich aber volles Ein-
vernehmen. Als Grundlage desselben legte Beust eine Denk-
schrift vor, welche die verschiedenen Momente der deutschen
und der orientalischen Frage in kurzen Sätzen vorführte.
Sie begann mit dem stark betonten Schlagworte: Aufrecht-
haltung des Prager Friedens. Osterreichs Einfluß in Deutsch-
land wachse durch seine liberale Verfassung, und Frankreichs
friedfertige Haltung werde die nationale Gährung beschwich-
tigen. So lasse sich ein moralischer Druck auf die Süd-
staaten ausüben, daß sie nicht aus dem Status quo heraus-
treten. Die Verbindung von Frankreich und Osterreich wird
sie zum Nachdenken bringen und sie die Nothwendigkeit einer
unabhängigen und zurückhaltenden Stellung erkennen lassen.
Auch für den Orient bezeichnete die Denkschrift die Erhaltung
des Status quo als den leitenden Grundsatz. Man möge
England in das Einvernehmen ziehn und Rußland über
dessen Pläne für Kreta befragen. Zugleich deutete Beust die