1867 Die Militärfrage in Württemberg. 215
Deutschland hinausstößt, nur das verwerfendste Urtheil aus-
sprechen. Die zweite Kammer strich als Antwort auf diese
Feindseligkeit den von Dalwigk bisher geleisteten jährlichen
Geldbeitrag für eine Jesuiten-Niederlassung in Mainz. Die
süddeutsche Militärgemeinschaft aber war für Darmstadt wie
für Baden beseitigt.
Etwas Anderes hatte seit dem 7. April niemand von
Darmstadt erwarten können. Überraschend aber war in dem
dritten Südstaat, in Württemberg, eine militärische Maaßregel
ganz ähnlicher Tendenz. Denn sonst waren gerade hier fast
alle maaßgebenden Kreise, der Hof, das Ministerium, die
Mehrheit der Kammern und draußen im Lande die sehr starke
demokratische Partei einig in heftiger Abwendung von Preußen,
und unter dem Officiercorps selbst gab es eine einflußreiche
Gruppe, die im Einklang mit der Volkspartei und in schroffem
Gegensatz zu den preußischen Grundsätzen die Württemberger
Streitkräfte durch die Einführung des Schweizer Milizsystems
auf eine gewaltige Kopfzahl mit kürzester Dienstzeit und
geringen Kosten zu bringen trachtete. Ein Führer dieser
Richtung, General von Hardegg, war durch populären Ein-
fluß im Jahre 1866 Kriegsminister und dann der Feldherr
der Württemberger in dem kurzen Kampfe gegen die preußische
Mainarmee geworden. Wir haben gesehn, wie kläglich seine
Leistungen bei Tauber-Bischofsheim und in den folgenden
Tagen ausgefallen waren, was ihn jedoch so wenig wie den
Herrn von Dalwigk hinderte, nach dem Frieden ruhig im
Ministersessel sitzen zu bleiben. Allein während der Hof und
die Kammern aus den preußischen Triumphen nur doppelten
Haß gegen die Sieger zu folgern wußten, hielt es König Carl
persönlich für seine Pflicht, unter den Ursachen des Unglücks