Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Streit über das Activ-Vermögen der annectirten Staaten. 231 
schatzes mit dem preußischen Staatsvermögen einen grimmigen 
Zorn. Denn jener Schatz enthielt die Millionen, welche einst 
der Landgraf für die zum amerikanischen Kriege verkauften 
Soldaten von England erhalten hatte, das Blutgeld, über 
dessen Besitz späterhin Kurfürst und Stände Jahrzehnte lang 
gestritten hatten, bis endlich durch einen Vertrag von 1831 
die eine Hälfte der kurfürstlichen Familie als Hausschatz, der 
Besitz und die Verwaltung der andern der Staatsregierung 
unter ständischer Verwaltung als Staatsschatz übertragen wurde. 
Man behauptete jetzt in Kurhessen, durch jenen Vertrag habe 
der Staatsschatz den Charakter einer unantastbaren hessischen 
Landesstiftung erhalten, und so zweifelhaft dieser Rechts- 
anspruch erscheinen mußte, so begreiflich war nach der Ent- 
stehung des Schatzes die tiefe Erbitterung bei der ihm 
angedrohten Auflösung. Das preußische Ministerium mahnte 
dagegen die Zürnenden durch einen am 15. Juli veröffent- 
lichten Erlaß, zu bedenken, welche Stellung die Regierung 
im Hinblick auf das Staatsganze in dieser Frage einzunehmen 
genöthigt sei. Den neuen Provinzen sei Schonung ihrer 
berechtigten Eigenthümlichkeiten zugesagt und werde sicherlich 
gewährt werden. Aber eine Grenze für die Fortdauer 
bestehender Besonderheiten ergebe sich durch das unerläßliche 
Erforderniß der Staatseinheit. Das kirchliche, das communale- 
Leben, das Privatrecht, die Verwaltung in den Localinstanzen. 
könne ihre Besonderheiten bewahren. Aber es gebe ein 
Gebiet, wo jede Besonderheit zu einer Bevorzugung oder 
Benachtheiligung gegenüber den übrigen Staatsangehörigen 
werde: das sei die Betheiligung an den Staatslasten und 
die Nutzung des Staatsvermögens; hier müsse Gemeinschaft- 
lichkeit und Gleichheit durch alle Theile des Staatsgebiets
	        
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