Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Beruhigendes Eingreifen des Königs. 235 
er habe die Maaßregel vom 5. sistirt und eine neue Unter- 
suchung angeordnet, in welcher die Ansprüche des Landes 
volle Würdigung finden würden. · 
Wenige Tage nachher, am 4. August, kam Bismarck 
nach Ems und blieb dort unter täglichen Vorträgen bei dem 
Könige bis zum 9. Natürlich wurde dabei neben den nord- 
deutschen Bundessachen auch die Einrichtung der neuen Pro- 
vinzen besprochen. Später hat Bismarck, wie wir sehn 
werden, die Ansicht des Königs energisch vertreten; jedes- 
falls hat er damals keine Umstimmung desselben bewirkt. 
Denn als der König am 15. August die Rückreise nach 
Berlin antrat, machte er den Umweg über Frankfurt und 
erklärte hier der Deputation des Senates ebenso unumwunden 
wie vorher den Hessen, es seien Irrthümer und Mißverständ- 
nisse in Beziehung auf ihre Stadt vorgekommen, die er von 
Berlin aus zu beseitigen hoffe. Dann am Abend in Cassel, 
wurde er mit lebhaftem Jubel empfangen und wiederholte, 
was er ihnen in Ems gesagt, die gemachten Fehler könnten 
verbessert werden und sollten deshalb auch Abhülfe finden; 
jedenfalls sollte der hessische Staatsschatz nur für Bedürfnisse 
des hessischen Landes verwandt werden. 
Dieses persönliche Eingreifen des Königs, die plötzliche 
Sistirung eines von ihm genehmigten Ministerial-Erlasses, 
der öffentlich über seine höchsten Berather verhängte Tadel 
machte im ganzen Lande einen um so tieferen Eindruck, je 
weniger es den gewohnten Vorstellungen über constitutionelle 
Regierung entsprach. Der König sagte gleich nach seiner 
Ankunft in Babelsberg: ich bin zurückgekommen, um wieder 
gut zu machen, was meine Herrn Minister verdorben haben. 
„Ich sah,“ schrieb er im weitern Verlaufe der Angelegenheit,
	        
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