252 Ratification der Zollvereinsverträge. 1867
und am Schwersten auf der dienenden und arbeitenden Classe
gelastet hatte, die bei der geringsten Ortsveränderung ihre
Wanderbücher vorzulegen hatte. Dabei waren die Vorschriften
in den einzelnen Staaten, ja sogar in einzelnen Städten
desselben Staates äußerst verschieden. In Preußen war seit
1862 diese Verwaltung in mehrerer Beziehung milder ge-
worden; nur in Berlin blieb durch eine gesetzlose Praxis der
Polizei die Befugniß, jedes ihr bedenkliche Individuum, Aus-
länder oder Inländer, aus der Stadt zu weisen. Die Mittel-
staaten hatten 1865 für die höhern Stände Erleichterung
gewährt, die Pflicht der niedern aber ungeändert gelassen.
Die glänzendsten Beispiele polizeilicher Allmacht wurden aus
Mecklenburg berichtet, wo genau genommen kein Staatsbürger
ohne ministerielle Genehmigung sich eine Reise in das deutsche
Ausland verstatten durfte. Das neue Gesetz verwandelte für
die gesammte Bevölkerung den Paßzwang in ein Paßrecht.
Liebknecht, der in frühern Jahren mehrmals durch polizeiliche
Ausweisung aus Berlin schwere Beschädigung erlitten hatte,
beantragte, von Lasker unterstützt, Verbot jeder Ausweisung
auch der Ausländer, fand aber bei der Mehrheit kein Gehör.
Das Gesetz wurde unverändert angenommen.
In engem Zusammenhange hiemit stand eine weitere
Regierungsvorlage, ein Gesetz über die Freizügigkeit im ganzen
Bundesgebiet. Delbrück, der gleich im Beginn der Verhand-
lung die Zustimmung des Bundesraths zu allen Verbesserungs-
vorschlägen der Commission bis auf einen erklären konnte,
bezeichnete die Aufgabe des Gesetzentwurfs als die erste Ent-
wicklung des fruchtbaren Keims, der durch den Begriff des
Bundesindigenats in der Verfassung niedergelegt sei. Mit
Freuden hätte man die Entwicklung weiter geführt, es sei