Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

260 Ratification der Zollvereinsverträge. 1867 
thun Sie also dazu, durch Fortschaffung aller Schranken 
Ordnung und Mäßigung zu bewahren. 
Ganz anders lautete die Ausführung des Abgeordneten 
Stumm. Die Coalitionsfreiheit sei überhaupt nicht durch- 
führbar vor einer Revision der in den Bundesstaaten bestehenden 
Gewerbe-Ordnungen. Sodann mache sie auch eine Revision 
der Armen-Gesetze erforderlich. Wenigstens würde nach den 
preußischen die Gemeinde die durch selbstgewollten Ausstand 
hungernden Arbeiter ernähren müssen, was doch unmöglich die 
Absicht des Hauses sein könne. Unter allen Umständen müsse 
bei der Coalitionsfreiheit die Minorität gegen den Zwang der 
Majorität geschützt sein, sowohl durch den Antrag Lasker, daß 
aus Verabredungen dieser Art kein Klagerecht erwachse, sondern 
jedem Theilnehmer zu jeder Zeit der Rücktritt freistehe, als 
auch durch besonders scharfe Strafbestimmungen gegen Verruf 
und Mißhandlung der Minorität. Denn beides sei nicht Ver- 
letzung, sondern Erhaltung der persönlichen Freiheit. 
Gegen die strafrechtliche Verfolgung des Contractbruchs bei 
einem Ausstande hatten Lasker und Andere die Gehässigkeit eines 
Ausnahmegesetzes betont, welches die Arbeiter vor das Straf- 
gericht weise wegen einer Handlung, die sonst in aller Welt 
nur die civilrechtliche Klage auf Entschädigung zur Folge habe. 
Stumm bemerkte dazu, ohne auf die juristische Erörterung 
einzugehn: die Aufhebung des Strafgesetzes gegen Contract- 
bruch würde in erster Linie den Arbeitern schaden. Denn 
da die Civilklage auf Entschädigung fast immer unfruchtbar 
sein würde, so würden mit dem Wegfall der Strafdrohung 
die Arbeitgeber sich genöthigt sehn, bei ihren Contracten jede 
Kündigungsfrist auszuschließen, oder eine Cautionsleistung 
durch Lohnabzüge herbeizuführen.
	        
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