1867 Schicksal des Antrages im Haus und Bundesrath. 261
Die Gegner rügten, daß Stumm das ganze Verhältniß
durchaus einseitig vom Standpunkte des Arbeitgebers betrachte.
Nun wohl, Stumm war ein Arbeitgeber, aber daß er zugleich
ein nach allen Beziehungen einsichtiger Beobachter war, haben
die nächsten Jahrzehnte nach seiner Rede in volles Licht
gesetzt. Seit der Aufhebung der Strafe gegen Contractbruch
hat sich, wie er es vorausgesagt, die Beseitigung jeder
Kündigungsfrist für beide Parteien im Arbeitvertrag durch
immer weitere Zweige unserer Industrie verbreitet. Daß
seine Forderung des kräftigen Schutzes der Minorität bei
Arbeiter-Coalitionen wohl begründet war, hat die Erfahrung
in stets wachsendem Maaße gezeigt; man kann sagen, sie
sei zum springenden Punkte in der socialistischen Bewegung
geworden. Das Verfahren der im Ausstande befindlichen
Schaar, die fortarbeitenden oder neu eintretenden Werkleute
mit Waffengewalt zum Ausstande zu zwingen, wird aller
Orten so weit wie möglich geübt und laut als unveräußer-
liches Freiheitsrecht verkündet. Dieses Freiheitsrecht zur
Erdrückung der Freiheit ist logisch widersinnig, praktisch aber
höchst begreiflich. Denn gelangt es zur Anerkennung, so
sind die Arbeiter die Herrn der Industrie, und Herrschaft,
nicht Freiheit ist das Ziel der Partei.
Entsprechend den ersten Worten Stumm's erhob sich
jetzt Delbrück zu der Erklärung, daß ohne Zweifel die Zeit
der Beschränkungen der Coalitionsfreiheit vorüber sei. Aber
für die sofortige Erlassung eines Gesetzes sei die Lage der
Dinge noch nicht reif; es sei unerläßlich, daß eine Revision
der Gewerbe-Ordnungen ihr vorhergehe.
Auf die Entschließungen der Mehrheit hatte diese
Erklärung, daß für jetzt aus der Sache nichts werden würde,