Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Die Zollverträge in den bayerischen Kammern. 271 
drängen, bis die Unterwerfung Bayerns vollständig sei. Un- 
erträglich werde die Stellung der bayerischen Abgeordneten 
im Zollparlamente sein: sie werden naturgemäß aus dieser 
Lage herausdrängen, und das können sie nur, indem sie den 
Eintritt Bayerns in den Nordbund anstreben. Ich prophezeie 
Ihnen, sagte er, so viel Zolldeputirte Sie nach Berlin schicken, 
so viel Missionäre für den Gesammteintritt Bayerns in den 
Nordbund werden zu Ihnen zurückkehren. Es schien ihm 
also Berlin doch kein so abschreckender Ort zu sein, wie seinem 
schwäbischen Mitkämpfer Mohl. Indessen beeilte er sich, das 
unvorsichtige Wort wieder zurückzuziehn. Von Preußen, fügte 
er hinzu, erwarte ich jede Art von Centralismus, Säbel- 
herrschaft, Cäsarismus; wir müssen auch den Zollverein an 
die Rettung der Freiheit wagen. Wenn dies hohe Haus 
Nein zu diesen Verträgen sagt, so wird das ein Schlag sein, 
der durch ganz Europa nachzittern wird. An Selbstgefühl, 
sehn wir, fehlte es Jörg so wenig wie Herrn Moriz Mohl. 
Jedoch, weder die Kammer noch das Land wollte, um 
Europa zittern zu machen, die Früchte des Zollvereins weg- 
werfen. Nach zweitägiger Debatte genehmigte die Kammer 
am 22. October den Zollvereinsvertrag mit 117 gegen 
17 Stimmen, und am 23. die beiden andern Vorlagen mit 
einer noch stärkern Majorität. Man hielt damit die Sache 
für erledigt. Allein gleich am folgenden Tage zeigte sich, 
daß die erste Kammer, die hohen Herrn Reichsräthe, von 
denselben politischen Anschauungen wie die Darmstädter 
Standesherrn erfüllt waren. Ihr Ausschuß stellte mit allen 
gegen eine Stimme den Antrag auf Verwerfung der Verträge. 
Da ging denn nun freilich kein Zittern durch Europa, 
wohl aber eine mächtige Unruhe durch das bayerische Land.
	        
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