Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

272 Ratification der Zollvereinsverträge. 1867 
Die handel= und gewerbtreibende, die gesammte städtische 
Bevölkerung gerieth in fieberhafte Aufregung. Unaufhörlich 
liefen Telegramme und Adressen gegen die Zerreißung des 
Zollvereins bei den hohen Herrn ein. Einigen Eindruck 
brachten sie immerhin hervor. Der Berichterstatter des 
Ausschusses, Freiherr von Thüngen, beantragte am 26. die 
Verwerfung, darauf aber brachte Fürst Löwenstein einen 
Vermittlungsvorschlag ein: die Verträge unter der Bedingung 
anzunehmen, daß dem Staate Bayern das bisher gewährte 
Recht der Zustimmung oder Ablehnung auch in den neuen 
Verträgen erhalten bleibe. Durch eine gewisse Partei, be- 
merkte der Fürst, und selbst durch preußische Agenten sind 
im Lande große Besorgnisse verbreitet worden, so daß ein 
panischer Schrecken herrscht. Zuerst der Ausschuß, und dann 
das hohe Haus nahm den Antrag beinahe einstimmig an. 
Noch am Abend reisten Hohenlohe und Thüngen nach 
Berlin, um bei Bismarck für die Errettung des liberum veto 
thätig zu sein. Bereits aber hatte dort ihr Beschluß eine 
ihren Wünschen gerade entgegengesetzte Wirkung herbeigeführt. 
In denselben Stunden, in welchen Löwenstein redete, 
am 28. October, begann der norddeutsche Reichstag seine 
Schlußberathung der Verträge. Man kannte Thüngen's 
Antrag auf deren Verwerfung; die Folge war, daß man 
den Preis steigerte, für dessen Bezahlung Bayern ihre Vor- 
theile erlangen könnte. Braun (Wiesbaden) stellte den Antrag, 
die Genehmigung der Verträge zu ertheilen, und zwar für 
jeden der süddeutschen Staaten nur unter der Bedingung, 
daß die rechtliche Verbindlichkeit des von ihm mit Preußen 
geschlossenen Schutz= und Trutzbündnisses nicht in Frage 
gestellt werde, und ferner das Bundespräsidium zu ermäch-
	        
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