284 Preußische innere Politik. Anfang 1868. 1867
Gegner im Hause selbst, ferner der unbefangenen, öffentlichen
Nichtbeachtung wichtiger Vorschriften der Verfassung durch
Wähler und Gewählte. In der Zeit, mit der wir uns
beschäftigen, dachte man an dergleichen Ungebühr nicht; die
vorher erwähnten Schwächen der damaligen Volksvertretung
entsprangen theils aus dem deutschen Nationalcharakter, theils
aus der allgemeinen Lage der Dinge; was aber das Personal
unserer Parlamente in dieser Epoche betrifft, so ergibt um
so bestimmter die historische Betrachtung, daß die nächsten
Jahre vor und nach dem französischen Krieg die classische
Höhe des parlamentarischen Wirkens in Deutschland bezeichnen,
wie sie weder früher noch später erreicht worden ist. Jener
ideale Zug hatte durch die lange fruchtlose Erstrebung der
deutschen Einheit, dann durch den heftigen Kampf um Freiheit
und Macht in der Conflictszeit, und endlich durch die
Begeisterung über die begonnene Verwirklichung des nationalen
Gedankens seine volle Entfaltung gefunden. Wie immer,
dauerte die heiße Begeisterung nicht gar lange, aber sie hatte
ihre bleibende Frucht in vollem Maaße getragen. In dem
politisch thätigen Theile unserer Nation hatte sie eine Fülle
der geistigen Kräfte geweckt und trotz alles Individualismus
ihnen die Richtung auf patriotischen Gemeinsinn gegeben.
Die unter solchen Eindrücken gewählten Versammlungen ent-
hielten eine solche Menge hochgebildeter, scharfsinniger und
beredter Männer, daß man beinahe zweifeln könnte, ob das
Orchester nicht zu viele Solisten in sich schließe, hätten sie
nicht ohne persönlichen Eigennutz und hitziges Sonderinteresse
ihr ganzes Dasein dem Gesammtwohl des Staates und der
Nation gewidmet. Ihre Beredsamkeit hielt eine glückliche Mitte
zwischen der vor hundert Jahren in England angestrebten