Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Bedeutende Talente in den Versammlungen. 285 
rednerischen Pracht eines Burke und Sheridan und der 
trocknen Dürre der rein geschäftlichen Erörterung in der 
spätern Zeit. Fast immer hatte der Hörer den Eindruck, 
sich in einer geistreichen, von idealem Streben getragenen 
Gesellschaft zu befinden. Die weiterhin im Culturkampfe 
aufgewucherte Neigung zür persönlichen Invective erschien 
nach dem Schlusse der Conflictszeit nur in seltenen Fällen 
und fand geringen Beifall. 
Diese Vorzüge zeigten sich bei allen Parteien. Nur 
wenige der talentvollen Führer sind jetzt, am Ausgange des 
Jahrhunderts, noch unter den Lebenden, aber unvergessen, wenn 
nicht sämmtlich im ganzen Volke, so doch sicher in den Kreisen 
ihrer Gesinnungsgenossen, sind die Namen der Conservativen 
Moltke, Blanckenburg, Wagener, der Freikonservativen Bethusy- 
Huc und Friedenthal, der Nationalliberalen Twesten, Lasker, 
Schwerin-Putzar, der katholischen Gruppe Mallinckrodt, 
Windthorst, Peter Reichensperger, der Fortschrittsmänner 
Waldeck, Schulze-Delitzsch, Löwe-Calbe. Bei Weitem nicht 
Alle haben gleichwerthigen Ersatz erhalten. 
Übrigens ist nicht zu übersehn, wie die Geisteskraft des 
Lenkers der preußisch-deutschen Politik dazu beitrug, die Ver- 
handlungen der Abgeordneten auf der erlangten Höhe zu 
erhalten. Er stärkte ihr Vermögen durch die fort und fort 
sich folgenden großen Aufgaben, die er ihnen stellte, und wer 
mit ihm streiten wollte, wußte, daß er die eignen Mittel auf 
das Höchste anzuspannen hatte, um ihm einen Erfolg abzu- 
ringen. Sie machten ihm bei hundert Anlässen das Leben 
sauer; aber sie bewunderten ihn und wünschten die Fortdauer 
seiner Macht; der Neid der strebenden Mittelmäßigkeit gegen 
die schöpferische Größe war der Mehrzahl dieser Generation
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.