1866 Frictionen im preußischen Landtag. 21
empfanden die Minister des Innern, des Cultus und vor
Allem der willkürlich durchfahrende Justizminister Graf Lippe
die Abneigung der Liberalen, und wenn sie bei dem Armee-
budget die gesonderten Summen bewilligten, so hielten sie
doch gemeinsam mit der Linken die in der Conflictszeit
erhobene Forderung, daß die Friedensstärke und folglich die
Cadreszahl des Heeres nicht durch königliche Verordnung,
sondern durch ein mit dem Landtage vereinbartes Gesetz fest-
zustellen sei, mit großer Mehrheit aufrecht. Es war deutlich,
daß es nur Ein Mittel gab, bei all diesem Auseinandergehn
der Richtungen wieder einen sichern Vereinigungspunkt der
Geister zu schaffen: dies hieß Fortschreiten auf der nationalen
Bahn, zunächst also Beschleunigung der Verfassung des nord-
deutschen Bundes. So erging am 21. November die Ein-
ladung an die verbündeten Regierungen, am 15. December
ihre Bevollmächtigten zur Berathung des dem Reichstage
vorzulegenden Verfassungsentwurfs nach Berlin zu senden.
Eine solche Fülle verschiedenartiger Aufgaben empfing
den Grafen Bismarck, als er am 1. December 1866 von
Putbus nach Berlin zurückkam. Ruhe, Landleben, Seeluft
hatten seine Nerven, wenn nicht hergestellt, so doch erfrischt,
und mit gewohnter Raschheit und Sicherheit begann er auf
allen Seiten einzugreifen. Wollen wir den Standpunkt be-
zeichnen, welcher damals all seinem Thun Maaß und Rich-
tung gab, so reicht dafür ein einziges Wort aus: Friede.
Drei Jahre lang hatte er die Auffassung vertreten, daß ein
Krieg mit Osterreich unvermeidlich und deshalb so rasch und
so kräftig wie möglich zu führen sei. Jetzt war sein ganzes
Streben von dem Gedanken beherrscht, die mächtige Schöpfung
durch innere, dem Zweck entsprechende, hoffentlich ungestörte