22 Vorbereitung des Reichstags. 1866
Arbeit auszubauen und zu consolidiren. Dazu gehörte nicht
bloß, jeden Zusammenstoß mit auswärtigen Gegnern zu ver-
meiden, sondern auch in Preußen und dem norddeutschen
Bunde selbst die nationale Gesinnung zu steigern, die parti-
cularen Gefühle, so weit es anging, zu schonen, zugleich aber
jede Spur einer offenen Auflehnung, wo es nöthig wärec,
mit eisernem Griffe niederzuwerfen.
Über die auswärtige Politik, die ihn sofort mit drängen-
den Sorgen in Anspruch nahm, berichten wir weiter unten
in besonderem Zusammenhang. Das Verhältniß zu den süd-
deutschen Staaten ruhte einstweilen; vor der Feststellung der
norddeutschen Bundesverfassung fehlte jede Grundlage für
eine nähere Verhandlung zwischen Berlin und München oder
Berlin und Stuttgart. Was sodann die annectirten Provinzen
betraf, so hatte Bismarck anfangs den Gedanken gehabt, die
jetzt preußischen Lande zwischen Elbe und Mosel unter Aus-
tilgung der bisherigen Staatsgrenzen in vier große Provinzen,
Rheinfranken, Thüringen, Westfalen, Niedersachsen, nach den
altgeschichtlichen Stämmen einzuordnen. Dafür hätte offenbar
die gründliche Verwischung der welfischen, hessischen und
nassauer Erinnerungen gesprochen: hatte doch die 1790 in
Frankreich vollzogene Bildung der neuen Departements binnen
einem Menschenalter jeden Gedanken an die alten Landschaften
ausgelöscht. Jedoch mußte zunächst einleuchten, in wie hohem
Maaße bei einer solchen Umwälzung von Grund aus die
Schwierigkeiten der neuen Verwaltung wachsen würden; zur
Lösung dieser Aufgabe, fand Bismarck selbst, hätte eine größere
Zahl geistreicher und willensstarker Beamten gehört, als ihm
zu Gebote stand. Dann aber erklärten ihm die Führer gerade
der preußischen Parteien in den annectirten Ländern ihren